Finanzverwaltung wird wohl die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG nach der Entscheidung des EuGHs wieder anwenden.

Sachverhalt

Mit dem BürgerEntlG v. 16.07.2009 wurde die sog. Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG rückwirkend auf den 01.01.2008 eingeführt. Steuerliche Verluste einer Körperschaft gehen nach § 8c Abs. 1 KStG bei sog. schädlichen Beteiligungserwerben (ggf. anteilig) unter. Die Sanierungsklausel ermöglicht – als Ausnahme hierzu – unter engen Voraussetzungen einen Fortbestand der Verlustvorträge. Mit Beschluss vom 26.01.2011 stufte die EU-Kommission die Sanierungsklausel als unionsrechtswidrige, mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV ein. Nach Auffassung der Kommission stelle § 8c  Abs. 1a KStG eine selektiv vorteilhafte und damit unter Beihilfegesichtspunkten unzulässige Ausnahmeregelung für Sanierungsfälle dar. Die Bundesrepublik wurde verpflichtet, die aufgrund der Sanierungsklausel gewährten Steuervorteile zurückzufordern. Zudem suspendierte die Finanzverwaltung die Anwendung der Sanierungsklausel (§ 34 Abs. 6 S. 1 KStG). Aufgrund eines Klageverfahrens der Heitkamp BauHolding GmbH (neben anderen) war der Beschluss der Kommission Gegenstand eines Verfahrens vor dem EuGH (Az.: C-203/16 P).

Entscheidung des EuGH C-203/16 P v. 28.06.2018

Der EuGH hob in seiner Entscheidung v. 28.06.2018 in dem vorstehend genannten Verfahren das vorinstanzliche Urteil des EuG (T-287/11) in Bezug auf die Sanierungsklausel auf und erklärte den Beschluss der Kommission für nichtig. Der Referenzrahmen zur notwendigen Prüfung der Selektivität bei einer Beihilfe wurde von EuG und Kommission nicht zutreffend bestimmt. Nach der Entscheidung des EuGH bestimmt sich der Referenzrahmen nach der allgemeinen Regel des Verlustvortrags gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 2 EStG. Danach ist die gesamte Prüfung der Selektivität mit einem Mangel behaftet mit der Folge der Nichtigkeit des Kommissionsbeschlusses. 

Ebenso hat der EuGH mit nahezu gleich lautenden Urteilen vom gleichen Tag die ebenfalls mit Bezug zur Sanierungsklausel anhängigen Rechtssachen C-209/16 P "Deutschland/Kommission" sowie C-219/16 P "Lowell Financial Services/Kommission" entschieden. 

Auswirkung der Entscheidung

Der EuGH hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, dass die Sanierungsklausel  unter Beihilfegesichtspunkten zulässig ist und keine unzulässige Beihilfe darstellt. Allerdings ist der Kommissionsbeschluss durch den EuGH für nichtig erklärt worden. Die Finanzverwaltung wird daher dem Vernehmen nach die Sanierungsklausel wieder anwenden, sobald das EuGH-Urteil im Bundesgesetzblatt veröffentlich ist. Insoweit ist die fehlende ausdrückliche Feststellung zur Beihilfe unschädlich. Sodann wäre die Sanierungsklausel rückwirkend ab 2008 in allen noch offenen und nicht bestandkräftigen Fällen anzuwenden, es sei denn, der Gesetzgeber schafft auch für bestandskräftige Fälle eine Regelung.

Unter Mitarbeit von Maximilian Krämer.

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