Indem sie nicht autorisierte Nachgüsse von vier Bronzeskulpturen eines spanischen Künstlers an den inzwischen verstorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht verkauft hat, hat sich die ehemalige Ehefrau des Kunstberaters Helge Achenbach nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf schadenersatzpflichtig gemacht.
Werden ohne Autorisierung des Künstlers replizierte Skulpturen als Originale oder autorisierte Nachgüsse verkauft, leiden diese an einem Sachmangel. Dafür haftet der Verkäufer dem Käufer auf Schadensersatz, wenn er den Sachmangel zu vertreten hat. Wann dies der Fall ist und wann dem Verkäufer bei der Veräußerung von Kunstgegenständen sogar Arglist vorgeworfen werden kann, behandelt das OLG Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 02.02.2021, Az. I-3 U 22/19). Im Ergebnis hat das Gericht Dorothee Achenbach gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Helge Achenbach verurteilt, Schadensersatz in Höhe von knapp 1 Mio. EUR an die Erben von Berthold Albrecht zu zahlen.
Verkauf der Bronzeskulpturen
Helge Achenbach war mit dem Aufbau der privaten Kunstsammlung des Aldi-Erben betraut. Dem hiesigen Verfahren waren bereits zivil- und strafrechtliche Verfahren gegen ihn wegen Vermögensdelikten und Pflichtverletzungen im Rahmen dieser Aufgabe vorausgegangen (siehe z. B. Millionen-Urteil gegen Achenbach | Monopol (monopol-magazin.de)).
Bei den streitgegenständlichen Bronzeskulpturen handelt es sich nach Auffassung des Gerichts um nicht autorisierte Nachgüsse von Bronzestatuen des spanischen Künstlers Juan Muňoz aus der ursprünglich im Jahr 2000 gegossenen Serie „Conversation Piece, 2001“.
Dorothee Achenbach hatte die vier nachgemachten Exemplare von Helge Achenbach als Geburtstagsgeschenk erhalten und für mehrere Jahre unbesehen und verpackt in einem Lager belassen. Im Jahr 2009 verkaufte sie diese Skulpturen „aus ihrem Privatbesitz“ für insgesamt 1 Mio. EUR an Berthold Albrecht. Über den Kaufvorgang existiert kein schriftlicher Vertrag, sondern lediglich eine Rechnung.
OLG Düsseldorf: Arglistiges Handeln der Verkäuferin
Dorothee Achenbach trug im Prozess vor, dass sie keinen Anlass gehabt hätte an der Echtheit der Skulpturen, die ihr damaliger Mann ihr als Originale geschenkt habe, zu zweifeln. Dies sah das Gericht anders. Nach Überzeugung des Gerichts wusste sie, dass die Originale der Skulpturen bereits an einen Dritten veräußert worden waren. Aufgrund ihres fachlichen Hintergrunds als Kunsthistorikerin hätten sie umfassende Erkundigungen einholen müssen und sich dabei auch nicht auf allgemein zugängliche Erkenntnisquellen beschränken dürfen. Sie hätte unter anderem intensiv ihren damaligen Ehemann und den ihr bekannten Betreiber der Gießerei befragen müssen, um die Herkunft der Skulpturen aufzuklären. Dass sie ohne solche Nachforschungen ins Blaue hinein behauptet habe, dass es sich um Originale oder jedenfalls autorisierte Nachgüsse handele, obwohl ihr bekannt war, dass der Käufer keine Kunstexpertise hatte, von der Echtheit der Arbeiten ausging und sie nur deshalb für seine Kunstsammlung erwerben wollte, begründe den Vorwurf der Arglist. Sie hätte jedenfalls offenlegen müssen, dass sie sich nach der Herkunft der Skulpturen nicht erkundigt habe.
Nach Überzeugung des Gerichts ist die Haftung auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil Helge Achenbach, der von der fehlenden Authentizität der Arbeiten wusste, auf Seiten von Berthold Albrecht im Rahmen des Ankaufs beratend bzw. vermittelnd tätig war. Grundsätzlich scheidet ein Schadensersatzanspruch trotz Arglist des Verkäufers zwar aus, wenn dem Käufer der Mangel bekannt war. Dabei muss der Käufer sich das Wissen von Personen, die „in seinem Lager stehen“, nach § 166 BGB analog zurechnen lassen. Das gelte aber dann nicht, wenn auszuschließen ist, dass die betreffende Person (hier Helge Achenbach) ihr Wissen an den Käufer weitergibt. Das war hier nach Auffassung des Gerichts der Fall, da nicht anzunehmen war, dass Helge Achenbach dazu beitragen würde, dass Herr Albrecht Ansprüche wegen des Sachmangels gegen ihn selbst oder seine Ehefrau würde durchsetzen können.
Fazit und Hinweise
Die Entscheidung verdeutlicht, dass den Verkäufer von Kunstgegenständen im Interesse einer Förderung der Redlichkeit im Kunstmarkt strenge und individuell an seinen persönlichen Kenntnissen orientierte Nachforschungspflichten über die Authentizität der Arbeiten treffen. Ferner war hier zwar aufgrund der Angaben in der Rechnung unstreitig, dass die Skulpturen als Originale verkauft wurden. Losgelöst von dem hier entschiedenen, besonderen Fall sind die Vertragsparteien beim Kauf von Kunstgegenständen allgemein gut beraten, wenn sie – anders als dies in der Praxis regelmäßig passiert – ihre Annahmen zur Authentizität des Objekts und zu weiteren beschaffenheitsrelevanten Eigenschaften in einem schriftlichen Vertrag festhalten, um spätere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Der redliche Verkäufer kann sich ggf. zusätzlich dadurch absichern, dass er dokumentiert und dem Käufer gegenüber offenlegt, welche Erkundigungen er über die Echtheit des Objekts eingeholt hat.
Autoren: Katharina Hannen, Meike Isabel Bever, LL.M.