Ob Auslandsdienstreisen kraft Direktionsrecht angeordnet werden dürfen, hängt davon ab, ob die im Arbeitsvertrag gem. § 611 BGB „versprochenen Dienste“ ihrer Natur nach mit gelegentlichen Auslandseinsätzen verbunden sein können. Dies entschied jüngst das LAG Baden-Württemberg und stellte sich darüber hinaus auf den Standpunkt, angesichts der zunehmenden Internationalisierung im Wirtschaftsleben dürfte dies für einen Großteil der Berufsbilder zutreffen.

Sachverhalt
Zwischen den Parteien stand im Streit, ob der Arbeitgeber gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer Auslandsdienstreisen kraft seines Direktionsrechts zur Anordnung von Dienstreisen berechtigt war. Laut Anstellungsvertrag war der Kläger als Projekt- und Konstruktionsingenieur in der Abteilung Elektrik/Elektronik im Produktgruppenbereich Werkzeugmaschinen in Weil am Rhein beschäftigt. Eine örtliche Versetzungsklausel enthielt der Anstellungsvertrag nicht, jedoch bestand eine Regelung zur Erstattung von Reisekosten, die durch Dienstreisen veranlasst waren. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses waren gegenüber dem Mitarbeiter nur in geringem Umfang Dienstreisen ins nahe europäische, meist deutschsprachige Ausland angeordnet worden. Als der Arbeitgeber dann eine Dienstreise nach China anordnete, begehrte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht die Feststellung, nicht verpflichtet zu sein, für den Arbeitgeber im Ausland bzw. – hilfsweise – im Fernen und Mittleren Osten zu erbringen. Derartige Anordnungen seien „schikanös“.

LAG: Im Zweifel bundesweit unbeschränkte örtliche Versetzbarkeit
In erster und zweiter Instanz blieb die Klage erfolglos. Das LAG Baden-Württemberg entschied, die Regelung zum Einsatz in einer bestimmten Abteilung sei erkennbar eine direktionsrechtliche Erstzuweisung, nicht aber eine inhaltliche Beschränkung des Aufgabenbereichs. Bei der Ortsbezeichnung (Weil am Rhein) handele es sich lediglich um eine Beschreibung, wo sich die Abteilung befinde, zu welcher der Mitarbeiter erstzugewiesen war. Hiermit sei aber gerade keine ausschließliche örtliche Zuweisung erfolgt. Auch die Klausel zur Reisekostenerstattung mache ohne grundlegende Dienstreisepflicht keinen Sinn. Da zum Ort der Arbeitsleistung keine abschließende Regelung getroffen worden sei, könne der Arbeitgeber ihn auch noch immer per Direktionsrecht nach billigem Ermessen im Einzelfall bestimmen. Ohne eine entsprechende Festlegung, so das LAG Baden-Württemberg, sei von einer bundesweit unbeschränkten örtliche Versetzungsmöglichkeit auszugehen. Ob dies jedoch auch für Auslandsdienstreisen gelte, sei bislang ungeklärt.

LAG: Tätigkeit ihrer Natur nach auch mit Auslandsreisen verbunden?
Insoweit müsse, so das LAG Baden-Württemberg, durch Auslegung ermittelt werden, ob die Tätigkeit ihrer Natur nach auch mit Auslandsreisen verbunden sei. Hierfür seien Berufsbild und Tätigkeitprofil entscheidend. Mit Blick auf verstärkt zu beobachtende Entwicklungen im Wirtschaftsleben, die eine erhöhte Flexibilität erforderten und von verstärkter internationaler Ausrichtung geprägt seien, gelangt das LAG Baden-Württemberg zu dem Schluss, ein Großteil der Beschäftigten sei heutzutage zu „gelegentlichen Auslandsdienstreisen“ verpflichtet. Dies gelte auch, wenn die Einstellung im Einzelfall bereits Jahrzehnte zurückliege und ein Arbeitnehmer damals noch nicht mit Dienstreisen in weit entfernte Länder habe rechnen müssen.

Ausblick
Im entschiedenen Fall dürfte entscheidend gewesen sein, dass angesichts der Natur des Berufsbilds des Mitarbeiters als Projekt- und Konstruktionsingenieur auch gelegentliche Auslandsdienstreisen typischerweise anfielen, da der Arbeitgeber in die ganze Welt Lieferbeziehungen unterhielt. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das LAG Baden-Württemberg die Revision zum BAG zugelassen. Insoweit bleibt abzuwarten, ob sich die Erfurter Richter dieser sehr weitgehenden Auslegung anschließen werden, wonach dies ausweislich des Leitsatzes des Gerichts „angesichts der zunehmenden Internationalisierung im Wirtschaftsleben für einen Großteil der Berufsbilder“ gelte.

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