Mit Spannung war erwartet worden, ob das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der für den 27.04.2021 angekündigten Entscheidung mehr Klarheit über den Umfang eines Anspruchs auf Kopien von personenbezogenen Daten nach Art. 15 Abs. 3 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) bringen würde. Soweit dies die Pressemitteilung erkennen lässt, hat das BAG diese Frage jedoch offengelassen, weil es den Klageantrag für zu unbestimmt hielt. Interessant ist die Entscheidung dennoch, da gerade der Verweis auf die notwendige Bestimmtheit des Klagantrags die betroffene Person und auch den datenverarbeitenden Verantwortlichen vor neue Herausforderungen stellt.

Anspruch auf Kopien nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO

Art. 15 DS-GVO regelt den Auskunftsanspruch einer Person gegenüber der Stelle, die seine personenbezogenen Daten verarbeitet. Neben allgemeinen Informationen zur Datenverarbeitung regelt Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, dass der Verantwortliche eine „Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind“, zur Verfügung stellt. 

Seit Inkrafttreten der DS-GVO „rätseln“ Praktiker, die Fachwelt sowie Gerichte der 1. und 2. Instanz, was genau von den Verantwortlichen im Sinne der DS-GVO in Kopie zur Verfügung zu stellen ist. Die Bandbreite der vertretenen Auffassungen reicht von einer allgemeinen abstrakten Darstellung der personenbezogenen Daten bis hin zu der Vorstellung, jedes Dokument (gleich ob elektronisch gespeichert oder in Papierform), das ein personenbezogenes Datum des Auskunftsberechtigten enthält, – und sei es auch noch so unbedeutend – müsse in Kopie zur Verfügung gestellt werden.

Gerade in Beschäftigungsverhältnissen, in denen der Beschäftigte durch seine Arbeit und sein sonstiges Verhalten ggf. über Jahrzehnte Spuren in Form von rechtmäßig gespeicherten personenbezogenen Daten hinterlässt (E-Mail-Korrespondenz, namentlich zuzuordnende Arbeitsergebnisse etc.), stellt eine weite Auslegung des Kopiebegriffs eine nahezu nicht zu bewältigende Herausforderung dar. Dies liegt auch daran, dass nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO das Recht auf Erhalt einer Kopie die Rechte und Freiheiten anderen Personen nicht beeinträchtigen darf und zudem der Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Verantwortlichen ausreichend zu berücksichtigen ist. Das kann dazu führen, dass Dokumente nicht oder nur mit „Schwärzungen“ in Kopie zur Verfügung zu stellen sind. 

Die grundsätzlich in Kopie zur Verfügung zu stellenden Dokumente sind deshalb „Wort für Wort” darauf zu untersuchen, ob sie z. B. personenbezogene Daten anderer Personen oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. Dabei muss in Bezug auf jedes Dokument und jede Schwärzung eine Interessenabwägung mit dem Auskunftsinteresse des Antragstellers einerseits und den Interessen anderer Personen oder des Verantwortlichen durchgeführt werden. 

Entscheidung des BAG (Urteil vom 27.04.2021, Az. 2 AZR 342/20)

Gegenstand des Rechtsstreits war der Anspruch eines als Jurist beschäftigten Arbeitnehmers, der im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits den Antrag stellte, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm eine Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung seien, zur Verfügung zu stellen. Damit meinte er unter anderem jegliche E-Mail-Korrespondenz, an der er beteiligt war oder in der er genannt worden sei. 

Nachdem das Landesarbeitsgericht Niedersachsen im Urteil vom 09.06.2020 (Az.: 9 Sa 608/19) den Anspruch auf Herausgabe von E-Mail-Korrespondenz im Gegensatz zu anderen Gerichten der ersten und zweiten Instanzen eher restriktiv ausgelegt hatte, war erwartet worden, dass das Bundesarbeitsgericht insofern zu mehr Rechtssicherheit beitragen kann. Dies ist für die Praxis deshalb so wichtig, weil jeder Verantwortliche, der einen Kopie-Anspruch zu erfüllen hat, bei unvollständiger oder verspäteter Erfüllung mit einem hohen Bußgeld rechnen muss. 

Nach der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts hat das BAG jedoch offengelassen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gem. § 15 Abs. 3 DS-GVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann. Dies ergab sich daraus, dass das BAG den Klageantrag als zu unbestimmt ansah. Wer einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien geltend machen wolle, müsse ein hinreichend bestimmtes Klagebegehren formulieren (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) oder – sollte dies nicht möglich sein – den Anspruch im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend machen. Daran hat es in dem vom BAG zu entscheidenden Fall gefehlt. 

Bei einer Verurteilung eines Verantwortlichen i.S.d. DS-GVO (hier des Arbeitgebers) dazu, eine Kopie des E-Mailverkehrs des Klägers oder Kopien von E-Mails, die den Kläger namentlich erwähnen, zur Verfügung zu stellen, bliebe laut der oben genannten Presseerklärung unklar, Kopien genau welcher E-Mails der Verantwortliche zu überlassen hätte. 

Sofern sich aus der Urteilsbegründung nichts Anderes oder Weiteres ergibt, muss man demnach davon ausgehen, dass ein Anspruch auf Zurverfügungstellung der Kopien nur durchsetzbar ist, wenn die Dokumente vorher von dem Kläger genau bezeichnet werden. Betroffene Personen werden sich nun fragen, wie sie die Dokumente, von deren Existenz sie in vielen Fällen keine Kenntnis haben, genau bezeichnen sollen. Einen Hinweis darauf, wie das BAG sich dies vorstellt, gibt die Erwähnung der Stufenklage nach § 254 ZPO. Bei der Stufenklage kann ein Antrag auf eine noch nicht bestimmte Leistung (z. B. die Zurverfügungstellung der Kopien) gestellt werden, wenn gleichzeitig ein Anspruch auf „Auskunft“, der auf die Bestimmung des Leistungsantrags gerichtet ist, gestellt wird. 

Bei diesem Antrag, den Verantwortlichen zu einer Auskunft zu verurteilen, ginge es dann nicht um eine „Auskunft“ im Sinne des Art. 15 DS-GVO im engeren Sinne, sondern um einen Auskunft über die Dokumente, die im Rahmen der DS-GVO-Auskunft in Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zur Verfügung zu stellen sind. 

Man gewinnt den Eindruck, dass diese Überlegungen dazu geeignet sind, die praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten der Erfüllung und Durchsetzung von Kopieansprüchen noch stärker herauszustellen. Es klingt so, als müsse der auskunftspflichtige Verantwortliche zunächst eine Liste mit der Beschreibung der Dokumente erstellen, die personenbezogene Daten des Klägers bzw. der betroffenen Person enthalten und „Gegenstand der Verarbeitung“ sind, damit der Leistungsantrag bestimmt werden kann. Aber schon eine solche Liste könnte die Interessen zur Individualisierung der in der E-Mail genannten anderen Kommunikationsteilnehmern unverhältnismäßig beeinträchtigen und gegen Art. 15 Abs. 4 DS-GVO verstoßen. 

Außerdem wird die Frage zu beantworten sein, wie sich der Verantwortliche gegen die Herausgabe verteidigen kann, ohne die E-Mails im Verfahren (ohne Schwärzungen) vorzulegen. Mit einer Vorlage würde er den streitigen Anspruch schon erfüllen und zugleich ggf. die Rechte und Freiheiten der nach Art. 15 Abs. 4 DS-GVO geschützten Dritten verletzen. 

Es bleibt abzuwarten, ob die Urteilsbegründung, welche noch nicht vorliegt, mehr Klarheit bringen wird.