+++ Update vom 26.05.2020 +++
Die Bundesregierung versucht mit ständig aktualisierten Maßnahmen, die Belastungen für die Wirtschaft in der Corona-Krise abzumildern. Arbeitgeber sind gehalten, arbeitsrechtliche Instrumente und die aktuellen staatlichen Förderungen richtig zu nutzen. Dies betrifft neben der Erstattung der Lohnfortzahlung bei fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeit oder arbeitnehmerseitiger Quarantäne vor allem die kurzfristige Überbrückung von Arbeitsausfällen mittels Kurzarbeit. 

Prüfung und Dokumentation von Lohnfortzahlungskosten
Der Arbeitgeber tut weiterhin gut daran, seine Lohnfortzahlungspflichten in den unterschiedlichen Fallkonstellationen zu prüfen. In Betracht kommt die Lohnfortzahlung aufgrund von

  • Arbeitsunfähigkeit wegen leichter Erkältungssymptome, bei denen die Arbeitnehmer üblicherweise gearbeitet hätten und nun aber mit Attest arbeitsunfähig daheimbleiben, 
  • fehlender Kinderbetreuung oder 
  • Quarantäne des Arbeitnehmers sowie 
  • der arbeitgeberseitigen Freistellung als Vorsichtsmaßnahme.

In jedem Fall sollte der Arbeitgeber zur Vermeidung von Lohnfortzahlungskosten klären, ob der Arbeitnehmer aus dem Home Office weiterhin seine Arbeitsleistung erbringen kann und sollte dies dem Arbeitnehmer ggf. anbieten. Zudem müssen Arbeitsausfälle und Lohnfortzahlungskosten in den genannten Fällen konkret dokumentiert werden, um eventuelle Erstattungsansprüche später geltend zu machen.

Lohnfortzahlungskosten bei fehlender Kinderbetreuung
Fehlen dem Arbeitnehmer Betreuungsmöglichkeiten für seine Kinder und macht er dies gegenüber seinem Arbeitgeber geltend, so kann er sich ggf. auf einen Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB stützen. Da der Anspruch nach derzeitiger Rechtslage u. a. voraussetzt, dass die Verhinderung von vorneherein weniger als 10 Tage lang ist, dürfte der Anspruch in den meisten Fällen ausscheiden. Ohnehin ist in vielen Arbeitsverträgen § 616 BGB und damit der Lohnfortzahlungsanspruch vertraglich ausgeschlossen, was jeder Arbeitgeber im Einzelfall prüfen sollte. Falls § 616 BGB nicht gilt und auch sonst kein Lohnfortzahlungsanspruch oder Kurzarbeitergeldanspruch besteht, hat der Arbeitnehmer nach dem neu gefassten § 56 IfSG einen Entschädigungsanspruch für den Verdienstausfall (67 % des Nettoeinkommens; begrenzt auf EUR 2.016,00 monatlich, befristet bis Ende 2020). Zuletzt hat das Bundeskabinett am 20.05.2020 beschlossen, die Anspruchsdauer auf zehn Wochen je Sorgeberechtigtem, bei Alleinerziehenden auf 20 Wochen zu verlängern. Diesen Anspruch hat der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zu erfüllen und kann sich bei der zuständigen Landesbehörde die Beträge erstatten lassen.

Lohnfortzahlungskosten bei Quarantäne des Arbeitnehmers
Im Falle der behördlich angeordneten Quarantäne hat der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf sechswöchige Lohnfortzahlung gemäß dem infektionsschutzrechtlich geregelten Entschädigungsanspruch (§ 56 IfSG). Der Arbeitgeber kann sich die Zahlungen nachträglich innerhalb von drei Monaten von der zuständigen Behörde erstatten lassen und dafür sogar einen Vorschuss verlangen.

Kurzarbeitergeld nach den erleichterten Voraussetzungen
Kurzarbeitergeld ist entsprechend der geänderten Gesetzeslage nunmehr unter den folgenden erleichterten Voraussetzungen zu erhalten:

  • Anstelle von einem Arbeitsausfall von 33 % genügt nunmehr für den Betrieb oder die betreffende Betriebsabteilung 10 %.
  • Arbeitszeitkonten müssen nicht mehr ins „Minus gefahren“ werden, und
  • Urlaub für 2020 muss vor der Kurzarbeit nicht eingesetzt werden, damit der Arbeitsausfall unvermeidbar ist.
  • Leiharbeitnehmer können Kurzarbeitergeld beziehen.
  • Sozialversicherungsbeiträge, die zunächst vom Arbeitgeber zu zahlen sind, werden von der Agentur für Arbeit erstattet.
  • Die Regelungen geltend rückwirkend zum 01.03.2020 und befristet bis zum 31.12.2020.

Bei den Agenturen für Arbeit haben bereits rund 750.000 Betriebe für insgesamt über 10 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeit angezeigt. Die jeweils örtlich zuständigen Agenturen geben leider mitunter uneinheitliche Auskünfte und gehen mit den Anzeigen vermeintlich großzügig um. Nichtsdestotrotz müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass die Kurzarbeit rechtswirksam ein- und durchgeführt wird, um im Nachgang der Krise keine Rückforderungsansprüche seitens der Agenturen für Arbeit oder aber Entgeltansprüche der Arbeitnehmer fürchten zu müssen. Bei der Durchführung ist insbesondere hinsichtlich der Aufstockung zu bedenken, dass der Gesetzgeber bereits die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen hat. Ab dem 4. Monat soll der Arbeitnehmer statt 60 bzw. 67 % seines Nettoentgeltes 70 bzw. 77 % und ab dem 7. Monat 80 bzw. 87 % als Kurzarbeitergeld erhalten, sofern er mindestens 50 % „kurzarbeitet“.

Rechtssichere Durchführung von Kurzarbeit unabdingbar
Die Arbeitgeber haben zunächst bei der zuständigen Agentur für Arbeit den Arbeitsausfall anzuzeigen und dafür nachzuweisen, dass die Arbeitnehmer mit der Kurzarbeit einverstanden sind. Dieser Nachweis muss bei der Prüfung durch die Agentur vorgelegt werden können.

Daher ist es unabdingbar, mit den Arbeitnehmern per Ergänzungsvereinbarungen oder mit dem Betriebsrat per Betriebsvereinbarung belastbare rechtliche Regelungen zu treffen, um wirksame Kurzarbeit durchzuführen. Die Arbeitnehmer müssen während der Kurzarbeit Arbeitszeitnachweise führen. Zudem muss das Kurzarbeitergeld korrekt berechnet und vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer ausbezahlt und die Leistungsanträge bei der Behörde müssen ordnungsgemäß gestellt werden. Die Agenturen haben bereits angekündigt, im kommenden Jahr ausgiebige Prüfungen vorzunehmen; in der Finanzkrise 2008/2009 wurden dafür sogar Sonderabteilungen gebildet.

 

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