Mit Urteil vom 07.02.2019 (Az. 6 AZR 75/18, bislang nur als Pressemitteilung veröffentlicht) hat das BAG entschieden, dass ein Arbeitnehmer den in seiner Privatwohnung geschlossenen Aufhebungsvertrag nicht widerrufen kann. Ungeachtet dessen kann ein Aufhebungsvertrag aber unwirksam sein, wenn er „nicht fair verhandelt“ wurde und damit unter Missachtung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zustande gekommen ist.

Aufhebungsvertrag in der Privatwohnung geschlossen
Die klagende Arbeitnehmerin war bei der Arbeitgeberin als Reinigungskraft beschäftigt. In der Wohnung der Arbeitnehmerin wurde mit dem Lebensgefährten der Arbeitgeberin ein Aufhebungsvertrag geschlossen, wobei Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen bis zuletzt umstritten waren. Der Aufhebungsvertrag sah die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vor. Nach Darstellung der Arbeitnehmerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie wehrt sich gerichtlich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage begehrt die Arbeitnehmerin Feststellung, dass der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Keine Anwendbarkeit der Widerrufsrechte für Arbeitnehmer
Bereits vor der Neufassung des Widerrufsrechts durch das am 13. Juni 2014 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie hatte das BAG entschieden, dass am Arbeitsplatz geschlossene Aufhebungsverträge nicht als „Haustürgeschäft“ widerrufen werden können (BAG v. 27.11.2003 - Az. 2 AZR 135/03). Mit seinem aktuellen Urteil ist das BAG jetzt noch einen Schritt weiter gegangen und hat ausdrücklich klargestellt, dass Arbeitnehmern auch nach der neuen Gesetzeslage kein Recht zum Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags zusteht, selbst wenn dieser in den Privaträumlichkeiten des Arbeitnehmers abgeschlossen wird. Zwar seien Arbeitnehmer Verbraucher, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge seien jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen. Das Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen Verträgen grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht nach § 355 BGB greife daher vorliegend nicht.

Unwirksamkeit bei Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns
Gleichwohl hat das BAG die Sache zur neuen Verhandlung an das LAG Niedersachsen zurückverwiesen. Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist nach Auffassung der Richter stets das Gebot fairen Verhandelns zu beachten, das eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht darstellt. Diese Nebenpflicht wird verletzt, wenn eine Partei eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte im vorliegenden Fall insbesondere dann anzunehmen sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Arbeitgeberin hätte dann Schadenersatz zu leisten und müsste nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde. Die Arbeitnehmerin wäre demnach so zu stellen, als wäre der Aufhebungsvertrag nie geschlossen worden, was zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führen würde.

Praxistipp
Es bleibt dabei: Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge sind auch nach den neuen Verbraucherschutzvorschriften nicht widerrufbar. Allerdings ist damit zu rechnen, dass beim Abschluss von Aufhebungsverträgen das Gebot fairen Verhandelns in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen wird. Auch wenn es stets auf eine Einzelfallbetrachtung ankommt, sollten Arbeitgeber dringend vermeiden, den Arbeitnehmer in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen und so die Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages zu riskieren. Ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns kann z. B. bei Verhandlungen zu einer unangemessenen Uhrzeit oder an einem unangemessenen Ort anzunehmen sein. Auch Zeitdruck und „Überrumpelungssituationen“ könnten auf eine unfaire Verhandlung des Aufhebungsvertrags schließen lassen. Der Arbeitgeber sollte dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich sachkundigen Rat einzuholen, zudem sollte der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nicht von vornherein jeden Verhandlungsspielraum ausschließen.

Unter Mitarbeit von Ceren Smajgert.

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