In Umsetzung der europäischen Restrukturierungsrichtlinie EU 2019/1023 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen der Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren hat der Deutsche Bundestag am 17.12.2020 das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz, SanInsFoG) verabschiedet, welches zum 01.01.2021 in Kraft getreten ist. Dieses sieht neben Aktualisierungen der Insolvenzordnung auch Regelungen zur Etablierung eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens vor, dessen Voraussetzungen im Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) geregelt sind. 

Wie funktioniert die außerinsolvenzliche Sanierung?

Das außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren gemäß StaRUG ist ein planbasiertes Sanierungsverfahren, ähnlich dem des Insolvenzplanverfahrens. Es bietet Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig iSv § 18 InsO sind, die Möglichkeit, eine Sanierung des Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens anzustreben und im Rahmen der Erstellung und Durchführung eines eigens entwickelten Restrukturierungsplans das Unternehmen zu sanieren. Kerninhalt des außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens ist der sog. Restrukturierungsplan. Durch den Restrukturierungsplan soll mit ausgewählten Gläubigern des Unternehmens eine außergerichtliche Einigung erzielt werden. Ferner stehen dem Unternehmen diverse Stabilisierungsmöglichkeiten zu, die beim zuständigen Restrukturierungsgericht beantragt werden können. Das Restrukturierungsgericht kann z. B. eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre für die Dauer von drei Monaten gem. §§ 49 ff. StaRUG erlassen. 

Was müssen Unternehmen im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte beachten?

In der europäischen Restrukturierungsrichtlinie werden insbesondere die Sicherung der Arbeitsplätze (Art. 4 Abs. 1 Restrukturierungs-RL) und die Gewährleistung eines umfassenden Schutzes der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmervertreterrechte (Art. 13 Restrukturierungs-RL) hervorgehoben. Diese Vorgaben hat der nationale Gesetzgeber zu beachten, so dass diese Leitgedanken auch in das deutsche StaRUG Eingang gefunden haben. § 4 StaRUG verbietet es, Forderungen von Arbeitnehmern, die aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, durch den Restrukturierungsplan zu regeln. Dies gilt auch für Rechte aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung. Auch unterfallen Arbeitnehmerforderungen nicht der Vollstreckungs- und Verwertungssperre gem. § 49 Abs. 2 S. 1 StaRUG. Ein Arbeitnehmer darf somit fällige und titulierte Forderungen weiterhin im Wege der Zwangsvollstreckung geltend machen. Sofern ein Unternehmen eine außerinsolvenzliche Sanierung anstrebt, kann es daher unliebsame, finanziell belastende Arbeitnehmerforderungen (z. B. aus veralteten, betrieblichen Altersversorgungszusagen, Betriebsvereinbarungen o. ä.) nicht zum Inhalt eines Restrukturierungsplans machen. Dies ist damit begründet, dass Arbeitnehmer als Verbraucher vor den Durchsetzungsmöglichkeiten des Restrukturierungsplans geschützt werden sollen. Der Restrukturierungsplan erfordert im Gegensatz zum Insolvenzplan nämlich nicht der Zustimmung sämtlicher Gläubiger, sondern kann mit einer Dreiviertelmehrheit der Gläubiger innerhalb einer Gläubigergruppe durchgesetzt werden; ferner kann die Zustimmung auch gerichtlich ersetzt werden. Auch fehlen im außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahren Absicherungen der Arbeitnehmer wie beispielsweise durch Zahlung von Insolvenzgeld.  

Praxistipp

Erleichterungen im Hinblick auf Lösungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Bezug auf Arbeitsverhältnisse oder Arbeitnehmerforderungen bietet das StaRUG Unternehmen in der Krise nicht. Diese bleiben dem Insolvenzverfahren vorbehalten. Der Arbeitgeber kann selbstverständlich unter Einhaltung der bestehenden individual- und kollektivrechtlichen Bestimmungen eine arbeitsrechtliche Restrukturierungsmaßnahme als Teil seines Restrukturierungskonzeptes umsetzen. Zu beachten ist hierbei, dass im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung der Restrukturierungsrichtlinie eine vorzeitige Information des Betriebsrats und Wirtschaftsausschusses denkbar ist. Was genau dies bedeutet und ob hiermit ggf. eine Vorverlagerung der Informationspflicht des Arbeitgebers bei Betriebsänderungen gem. § 111 BetrVG verbunden ist, bleibt einer Klärung durch die Gerichte vorbehalten. Insoweit ist ein proaktives Zusammenarbeiten mit den Arbeitnehmervertretungen zu einem frühen Zeitpunkt nebst einer guten Dokumentationslage anzuraten.

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