In seiner Entscheidung vom 16. Juli 2015 (Az. 2 AZR 85/15) hat das BAG festgestellt, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses darin liegen kann, dass ein Arbeitnehmer privat beschaffte Bild- oder Tonträger während der Arbeitszeit unter Verwendung seines dienstlichen Computers unbefugt und zum eigenen oder kollegialen Gebrauch auf dienstliche „DVD-“ bzw. „CD-Rohlinge“ kopiert.

Die Vorinstanzen hatten der Kündigungsschutzklage jeweils stattgegeben und das LAG Sachsen-Anhalt hatte dies unter anderem damit begründet, dass unklar sei, welchen konkreten Tatbeitrag der Kläger beim Erstellen der Raubkopien geleistet hätte. Zudem hielt das LAG dem Arbeitgeber vor, dass dieser nur eigene Ermittlungen durchgeführt, nicht aber die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet hatte. Darüber hinaus war das LAG der Auffassung, dass die eigenen Ermittlungen des Arbeitgebers die Zweiwochenfrist für die Erklärung der außerordentlichen Kündigung nicht hätten hemmen können. Ferner meinte das LAG, dass die Kündigung unwirksam wäre, weil der Arbeitgeber gegenüber den anderen Beteiligten keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen hätte. Das BAG hat das Urteil des LAG Sachsen-Anhalt aufgehoben und den Kündigungsrechtsstreit zur weiteren Aufklärung zurück verwiesen.

Tatbeitrag bei Mittäterschaft?

Zunächst hat das BAG klargestellt, dass eine fristlose Kündigung auch dann in Betracht käme, wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei mit anderen Arbeitnehmern zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht habe. Aus dem Umstand, dass es ihm erlaubt gewesen sein mag, seinen dienstlichen Rechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen, konnte er nicht schließen, ihm seien die behaupteten Kopier- und Brennvorgänge gestattet.

Strafanzeige erforderlich bei Kündigung wegen Straftat?

Der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung stünde auch nicht entgegen, dass der Arbeitgeber Ermittlungen zunächst selbst angestellt und keine Strafanzeige erstattet hatte. Es stünde dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, nur eigene Ermittlungen durchzuführen und nicht die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten. Führt der Arbeitgeber diese eigenen Ermittlungen zügig durch, wird dadurch der Beginn der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gehemmt.

Kein Gleichbehandlungsgebot bei verhaltensbedingten Kündigungen

Schließlich sei für die Wirksamkeit der Kündigung auch nicht entscheidend gewesen, welche Maßnahmen der Arbeitgeber gegenüber den anderen Arbeitnehmern ergriffen hatte, die an dem Erstellen der Raubkopien beteiligt waren. Der Gleichbehandlungsgrundsatz finde im Rahmen verhaltensbedingter Kündigungen grundsätzlich keine Anwendung. Im Übrigen sei nicht festgestellt worden, inwieweit sich die Sachverhalte unter Berücksichtigung der Einzelheiten und der Stellung der anderen Beschäftigten wirklich gleichen.

Praxishinweis:

Bisher ist zwar nur die Pressemitteilung zum Urteil vom 16. Juli 2015 veröffentlicht worden, dennoch kann für die Praxis festgehalten werden.

  • Es besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, staatliche Ermittlungsbehörden einzuschalten, wenn eine außerordentliche Kündigung auf eine Straftat gestützt werden soll.
  • Wird der der Kündigung zugrunde liegende wichtige Grund durch Tatbeiträge mehrerer Arbeitnehmer realisiert, ist es nicht erforderlich, dass der zu kündigende Arbeitnehmer alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen hat.
  • ·Es besteht keine Verpflichtung, die an der Tat beteiligten Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist bei verhaltensbedingten Kündigungen grundsätzlich nicht zu beachten.

Siehe auch: "Bundesarbeitsgericht: Pressemitteilungen"

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