Die Behandlung von Betriebsratstätigkeit und entsprechende Freistellung von Betriebsratsmitgliedern sorgt häufig für Streit. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt entschieden, dass ein Betriebsratsmitglied seine vor der nächsten Betriebsratssitzung liegende Nachtschicht vorzeitig beenden darf, wenn nur dadurch die 11-stündige Ruhezeit eingehalten werden kann.

Es ist bislang nicht höchstrichterlicher geklärt, ob Betriebsratstätigkeit zur Arbeitszeit i. S. d. Arbeitszeitschutzgesetzes (ArbZG) zählt. Nach wohl überwiegender Auffassung in der Fachliteratur ist dies zu verneinen. Relevant ist dies für die Ruhezeit gem. § 5 Abs. 1 ArbZG, wonach Arbeitnehmer nach der Beendigung ihrer täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben müssen. Ebenso stellt sich die Frage bei den täglichen Höchstarbeitszeiten gem. § 3 ArbZG.

Arbeitsleistung ohne vorherige Ruhepause unzumutbar

In dem kürzlich entschiedenen Fall, der bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, beendete das Betriebsratsmitglied seine von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr geplante Nachtschicht vorzeitig um 02:30 Uhr, weil es ab 13:00 Uhr an einer Betriebsratssitzung teilnehmen wollte. Der Arbeitgeber kürzte das Arbeitszeitguthaben des Betriebsratsmitglieds, weshalb das Betriebsratsmitglied auf entsprechende Gutschrift klagte und sich auf § 34 Abs. 2 BetrVG berief. Das BAG gab dem Betriebsratsmitglied recht.

Die Mitglieder des Betriebsrats sind auch dann von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine außerhalb der individuellen Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die Arbeitsleistung – wie im vorliegenden Fall – unzumutbar macht. Ohne eine vorzeitige Befreiung wäre keine durchgehende Erholungszeit von elf Stunden vor Aufnahme der Betriebsratstätigkeit möglich gewesen. Dabei könne zwar, so das BAG, offen bleiben, ob die Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit i. S. d. ArbZG ist, denn jedenfalls sei hinsichtlich des (bezahlten) Freistellungsanspruchs die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen.

Berücksichtigung bei Höchstarbeitszeiten weiterhin offen

Es wäre für die Praxis wünschenswert gewesen, wenn das BAG die Frage nicht offen gelassen hätte. Gerade hinsichtlich der täglichen Höchstarbeitszeit ist es von Bedeutung, ob die Betriebsratstätigkeit mitzählt und Betriebsratsmitglieder im Anschluss an eine Sitzung nur noch im begrenzten Umfang oder gar nicht zur Arbeit herangezogen werden dürfen. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen vertritt die Auffassung, dass Betriebsratstätigkeit keine Arbeitszeit i. S. d. ArbZG sei (LAG Niedersachsen v. 20.04.2015, 12 TaBV 76/14). Über die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats in diesem Fall und der Berücksichtigung von Betriebsratstätigkeit bei den täglichen Höchstarbeitszeiten wird das Bundesarbeitsgericht voraussichtlich am 21.03.2017 entscheiden. Bis dahin bleibt es spannend.

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