In einem lange erwarteten Urteil vom 10. Februar 2021 (Az. KZR 63/18) hat der BGH entschieden, dass eine durch einen Auftraggeber in AGB vielfach verwendete Schadenspauschalierungsklausel wirksam ist und insbesondere nicht gegen das AGB-Recht verstößt. Der Auftragnehmer wird durch eine solche Schadenspauschalierung nicht unangemessen benachteiligt. Der Schadensersatzanspruch eines kartellgeschädigten Auftraggebers, der ein Produkt zu einem kartellbedingt überhöhten Preis erworben hat, kann durch eine solche Klausel im Kaufvertrag oder Werkvertrag wirksam in Höhe von 15 Prozent der Abrechnungssumme pauschaliert werden. Diese Auffassung haben die Verfasser dieses Beitrags bereits im Jahr 2013 vertreten (v. Criegern/Engelhoven, WRP 2013, 1441).

Eine Schadenspauschalierungsklausel in AGB im unternehmerischen Rechtsverkehr ist an § 307 BGB zu messen. Der BGH sagte insoweit ausdrücklich, dass neben den strengen Grundsätzen des § 309 Nr. 5 BGB, der Schadenspauschalierungen bei Verbraucherverträgen regelt, im Rahmen der Interessenabwägung die Schwierigkeiten der kartellzivilrechtlichen Schadensersatzdurchsetzung berücksichtigt werden müssen, bei denen die geschädigten Auftraggeber oftmals die Höhe des Schadens nicht beweisen können.

Die Bezifferung des Schadens, der aus einem Kartellverstoß resultiert, ist nämlich oft mit erheblichen Schwierigkeiten und großem finanziellen Aufwand verbunden. Das gilt insbesondere bei sog. Preisüberhöhungsschäden, weil dieser Schaden aus einem Vergleich des vertraglich vereinbarten Preises mit dem hypothetischen Preis (der sich ohne Kartellabsprache ergeben hätte) zu ermitteln ist. Dieser hypothetische Wettbewerbspreis lässt selbst mit Hilfe von aufwändigen ökonomischen Gutachten manchmal nur schätzen. Insofern kommt dem mit der Verwendung von Pauschalierungsklauseln verfolgten (und in § 309 Nr. 5 BGB grundsätzlich anerkannten) Zweck besondere Bedeutung zu, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch Verringerung von Zeitaufwand und Kosten zu rationalisieren, so der BGH. Das Informationsdefizit des geschädigten Auftraggebers, der für den Fall einer Kartellabsprache mit Hilfe der Pauschalierungsklausel eine effiziente Kompensation des aus dem vom Auftragnehmer verursachten Vermögensschadens anstrebt, unterscheidet Kartellschadensersatzfälle von solchen, in denen mit der Pauschalierungsklausel ein Schaden abgegolten werden soll, der aus der Verletzung einer vertragstypischen Pflicht resultiert. Ein Kartell ist nach Auffassung des BGH eben nicht vertragstypisch.

Der geschädigte Auftraggeber darf sich daher auf verfügbare ökonomisch fundierte allgemeine Analysen kartellbedingter Preisaufschläge (z. B. vom Bundeskartellamt oder von der Europäischen Kommission) stützen, nach denen sich durch eine Kartellabsprache verursachte Preiserhöhungen im arithmetischen und geometrischen Mittel jedenfalls auf 15 Prozent, bezogen auf den tatsächlich gezahlten Kaufpreis, belaufen.

Eine pauschalierte Abschätzung der Differenz zwischen Angebotspreis und hypothetischem Marktpreis (also des Schadens) ist dadurch zwar zwangsläufig sowohl mit der Gefahr einer Über- oder Unterkompensation des tatsächlich eingetretenen Schadens verbunden. Dies bedeutet laut dem BGH jedoch nicht, dass der Auftraggeber eine mögliche Überkompensation schon bei der Pauschalierung ausschließen muss. Dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot wird vielmehr hinreichend Rechnung getragen, wenn eine Pauschalierungsklausel dem an einer Kartellabsprache beteiligten Schädiger den Nachweis vorbehält, dass dem Auftraggeber ein geringerer Schaden entstanden ist, so der BGH. Andernfalls würden laut dem BGH die Schwierigkeiten und Unsicherheiten bei der Ermittlung des hypothetischen Marktpreises einseitig zu Lasten des Auftraggebers berücksichtigt. Dieses Ergebnis ist sachgerecht, weil der Kartellant schließlich durch seine Beteiligung am Kartell dazu beigetragen hat, dass sich der wahre Marktpreis kaum noch ermitteln lässt. Die Beweislast dafür, dass nur ein niedrigerer Schaden entstanden ist, trägt der Auftragnehmer, der an dem Kartell beteiligt war. Dies ist deshalb sachgerecht, weil der Auftragnehmer als Kartellant die besseren Informationen haben dürfte. 

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