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Update:
Die Finanzministerkonferenz hat am 26.9.2019 u. a. zu diesen weiteren möglichen Änderungen getagt. Danach scheinen sich erhebliche Veränderungen im Gemeinnützigkeitsrecht anzukündigen. Sogar die Grundsätze des Gemeinnützigkeitsrecht sind in der Diskussion, so soll z.B. für gemeinnützige Körperschaften mit jährlichen Einnahme bis zu € 45.000,- die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung entfallen.

Pressemeldung
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Bundesrat nimmt zu Gesetzesentwurf der Bundesregierung Stellung

In einer Mammutsitzung am 20.09.2019 hat der Bundesrat unter anderem zum Elektromobilitätsgesetz der Bundesregierung Stellung genommen. Anders als der Titel glauben lässt, handelt es sich hierbei um das Jahressteuergesetz 2019. Dieses Gesetz soll auf Vorschlag des Bundesrates unter anderem auch das Recht der gemeinnützigen Körperschaften partiell reformieren.

Förderung des Freifunks gemeinnützig
Eingefügt werden soll nach Auffassung des Bundesrats bzw. seiner Ausschüsse insbesondere auch ein neuer gemeinnütziger Zweck. Dabei handelt es sich um die Förderung der Einrichtung und Unterhaltung von sogenannten Freifunknetzen, also Kommunikationsnetzwerken, die der Allgemeinheit ohne Gegenleistung offenstehen. Unabhängig davon, für wie relevant man diese Freifunknetze im Nonprofit-Bereich hält, ist an diesem Vorschlag bemerkenswert, dass er erstmals das Erbringen von Dienstleistungen in einem spezifischen Bereich ohne Gegenleistung für gemeinnützig erklärt. Bei allen anderen Katalogzwecken fehlt ein Hinweis auf mögliche Gegenleistungen. Ob bzw. welche Gegenleistung für die Verfolgung ideeller Zwecke erbracht werden, spielt hier vielmehr erst für die Zuordnung zum ideellen Bereich bzw. zum Zweckbetriebe oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine Rolle, nicht aber für die Frage, ob überhaupt ein gemeinnütziger Zweck verfolgt wird. Insoweit handelt es sich bei der Aufnahme eines weiteren gemeinnützigen Zwecks, der nur dann gemeinnützig ist, wenn er ohne Gegenleistung erbracht wird, um einen Paradigmenwechsel, auch wenn nur ein kleiner Bereich gemeinnütziger Tätigkeiten unmittelbar betroffen ist.

Unmittelbarkeitsgrundsatz entschärft
Auch soll auf Betreiben der Länder der sogenannte Unmittelbarkeitsgrundsatz in § 57 Abgabenordnung (AO) ergänzt werden. Danach sind gemeinnützige Körperschaften grundsätzlich dazu gehalten, ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar selbst zu verwirklichen. Die hier vorgesehenen Ergänzungen sollen insbesondere gemeinnützigen Holdinggesellschaften und arbeitsteilig im Rahmen ihrer Zweckbetriebe zusammenwirkenden gemeinnützigen Körperschaften Rechtssicherheit verschaffen. Anders als in der Vergangenheit vielfach von der Finanzverwaltung angenommen, soll es zur unmittelbaren gemeinnützigen Tätigkeit künftig ausreichen, wenn gemeinnützige Holdingstrukturen sich darauf beschränken, ihrerseits Anteile an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften zu halten. Außerdem wird es dem Entwurf nach möglich sein, im Bereich der Zweckbetriebe Hilfstätigkeiten auf andere gemeinnützige Körperschaften auszulagern, sodass diese dadurch ebenfalls gemeinnützig tätig sind. Damit entfällt gerade bei Umstrukturierungen im Gesundheitsbereich bei Umsetzung dieser Beschlussempfehlung ein wesentliches Hindernis für das arbeitsteilige Zusammenwirken mehrerer gemeinnütziger Körperschaften.

Gerade mit Blick auf die gemeinnützige Tätigkeit von Holdinggesellschaften, kann man sich aber mit gutem Grund fragen, welche Funktion der Unmittelbarkeitsgrundsatz nach Umsetzung der angedachten Reformvorschläge überhaupt noch hat. Weite Teile des relevanten gemeinnützigkeitsrechtlichen Schrifttums, wie auch der Deutsche Juristentag 2018, haben ohnehin bereits für die Abschaffung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes plädiert. Offenbar ist aber die vollständige Abschaffung der Regelung von § 57 AO aus Sicht der Länder aktuell nicht mehrheitsfähig, sodass nun über die geplanten weiteren Absätze 3 und 4 wesentliche Kritikpunkte am Unmittelbarkeitsgrundsatz beseitigt werden sollen. Dogmatisch interessant ist insbesondere, dass hier nun auch für den Zweckbetriebe etwas gelten soll, was sonst allenfalls in Betriebsaufspaltungsfällen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb möglich ist: Die eigenen Tätigkeiten zwei oder mehrerer selbstständiger Körperschaften werden für die Frage des Vorliegens eines Zweckbetriebs bei Umsetzung dieser Regelung künftig zusammengerechnet.

Rahmenbedingungen für Mittelbeschaffung vereinheitlicht
Einer grundlegenden Überarbeitung soll auch die Mittelbeschaffung für andere steuerbegünstigte Körperschaften unterzogen werden. Aktuell gibt es hier zwei parallele Vorschriften, die teilweise unterschiedliche Anwendungsvoraussetzungen haben. Diese Regelungen sollen künftig in einer Vorschrift vereinheitlicht werden und darüber hinaus um Vertrauensschutztatbestände für Förder-Körperschaften ergänzt werden.

Weitere Reformvorschläge
Schließlich soll die Besteuerungsgrenze für körperschaftsteuerfreie Einnahmen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von Euro 35.000 auf Euro 45.000 hochgesetzt werden. Diese Überlegung trägt der Tatsache Rechnung, dass immer mehr gemeinnützige Körperschaften ihre ideellen Zwecke auch über wirtschaftliche Geschäftsbetriebe finanzieren und soll insbesondere auch vereinfachend wirken.

Fazit
Insgesamt enthält die ergänzende Beschlussempfehlung der Länder hier interessante Impulse für das Recht der Nonprofit-Organisationen. Auch ist es durchaus möglich, dass im Zuge der endgültigen Umsetzung des Gesetzes weitere Reformthemen Eingang in die Abgabenordnung finden werden. Hier hatte es sich der Bundesrat nicht nehmen lassen, daran zu erinnern, dass derzeit weitere Reformideen der Länder aus dem Bereich des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts in der Prüfung sind. In diesem Zusammenhang bittet der Bundesrat ausdrücklich darum, dass die Bundesregierung alle konsensualen Maßnahmen im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt.

Das Gesetz ist zustimmungsbedürftig, muss also nach weiterer Prüfung durch die Bundesregierung und einer entsprechenden Entscheidung im Bundestag dem Bundesrat nochmals vorgelegt werden. In welcher Form dieses Gesetz dann, wann konkret in Kraft treten könnte, ist gegenwärtig noch nicht absehbar.

Am 27.9.2019 berät der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzesentwurf.

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