Das Kartellverbot gemäß § 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verbietet es Unternehmen, Absprachen über ihr Marktverhalten zu treffen (z. B. Preisabsprachen und Kunden- und Marktaufteilungen). Dieses Verbot richtet sich an Unternehmen, die in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, und gilt auch für vertikale Beziehungen.
Die Kartellbehörden verhängen seit vielen Jahren hohe Bußgelder gegen direkt an Kartellen beteiligte Unternehmen. Unter einer direkten Beteiligung an einem Kartell ist dabei die aktive Teilnahme an dem Kartell durch Unternehmen zu verstehen, die auf dem jeweils betroffenen Markt Waren oder Dienstleistungen anbieten.
Die Europäische Kommission, die als Kartellbehörde das Kartellrecht in Europa durchsetzt, hat im Jahr 2009 in einer vielbeachteten Entscheidung allerdings auch gegen einen sogenannten Kartellvermittler ein Bußgeld in Höhe von ca. € 350.000 mit der Begründung verhängt, dieser Kartellvermittler habe als Dienstleister das Kartell organisiert. Der Kartellvermittler war nicht direkt Kartellbeteiligter und vertrieb auch keine Waren auf den betroffenen Märkten. Es handelte sich bei dem Kartellvermittler um ein Beratungsunternehmen, das die Organisation des Kartells für die direkt am Kartell beteiligten Unternehmen übernahm. Dafür erhielt der Kartellvermittler sogar eine Vergütung von den Kartellanten.
Diese Entscheidung der Europäischen Kommission wurde jüngst vom Europäischen Gerichtshof bestätigt (EuGH, 22.10.2015, C-194/14 P). Der EuGH entschied, dass die Haftung des Kartellvermittlers insbesondere nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil der Kartellvermittler selbst nicht an dem vom Kartell betroffenen Markt teilnahm. Das Kartellverbot finde auch auf Kartellgehilfen Anwendung. Der EuGH sah den Kartellvermittler bußgeldrechtlich als „Komplizen“ der Kartellanten an, der sich aktiv und in voller Kenntnis der Sachlage an dem Kartell beteiligt habe. Insbesondere sah der EuGH auch die Höhe des von der Europäischen Kommission festgesetzten Bußgeldes als angemessen an.
PRAXISTIPP
Diese Entscheidung des EuGH ist eindeutig als Warnschuss zu verstehen. Der EuGH hat deutlich gemacht, dass er die Anwendbarkeit des Kartellverbots auf Kartellvermittler ausdehnen möchte. Aus rechtlicher Sicht ist es insbesondere für alle Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die Messen und Verbandstreffen organisieren, empfehlenswert zu überprüfen, dass kein Verstoß gegen das Kartellverbot auf den von ihnen organisierten Veranstaltungen erfolgt. Allerdings kommt eine Haftung nach derzeitiger Rechtslage wohl nur dann in Betracht, wenn ein Kartellvermittler Kenntnis von dem Verstoß gegen das Kartellrecht hat und bei der Organisation des Kartells auch eine nicht unerhebliche Rolle spielt.