Bereits seit einigen Wochen war das Gesetzgebungsverfahren zur 9. GWB Novelle beendet, lediglich die Verkündung fehlte noch. Nun ist es soweit: Endlich verkündet, treten die Änderungen des GWB am 09.06.2017 in Kraft. Die Überarbeitung wird für die Praxis einige weitreichende Folgen mit sich bringen:

Schadensersatz

Mit der 9. GWB Novelle setzt der Gesetzgeber nunmehr auch die Schadensersatzrichtlinie der EU (2014/104/EU) in nationales Recht um. Dabei wird nicht nur die Verjährung für Schadensersatzansprüche auf 5 Jahre heraufgesetzt, sondern auch eine Schadensvermutung in das Gesetz integriert. Demnach wird nun widerleglich vermutet, dass ein Kartell einen Schaden verursacht. Den Kartellanten steht jedoch beispielsweise die Möglichkeit offen nachzuweisen, dass die Preiserhöhung durch den Kläger an die nächste Stufe weitergereicht wurde (sog. passing-on-defense), sodass diesem gar kein Schaden entstanden ist.

Konzernhaftung

Außerdem soll durch die Gesetzesänderung die in der Praxis als „Wurstlücke“ bekannt gewordene Schwachstelle, nach der sich ein Unternehmen durch Umstrukturierung einer dreistelligen Millionen Geldbuße entziehen konnte, geschlossen werden. Eine Geldbuße kann demnach auch gegen die Konzernmutter, den Rechtsnachfolger oder bei einer wirtschaftlichen Nachfolge gegen den neuen Rechtsträger verhängt werden.

Vereinfachter Zugang zu Beweismitteln

Diese Änderung stellt in der deutschen Rechtsgeschichte quasi einen Traditionsbruch dar. Kartellopfer erhalten umfassendere Rechte auf Vorlage von relevanten Dokumenten und können diese Rechte bereits vor Klageerhebung ausüben, sofern ein Anspruch auf Schadensersatz glaubhaft gemacht werden kann. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, den Opfern des Kartells eine Schadensersatzklage zu erleichtern.

Auf der anderen Seite erhalten auch Kartellanten mehr Rechte hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten beispielsweise des Klägers, um gegebenenfalls nachweisen zu können, dass der Kläger den Schaden abgewälzt hat.

Fusionskontrolle

Auch an dieser Stelle wollte der Gesetzgeber eine Lücke schließen und reagiert damit auf aktuelle Entwicklungen im Bereich StartUps. Nach der alten Fassung des GWB konnte eine Fusion, bei der eines der beiden Unternehmen im Inland die Umsatzschwelle von 5 Millionen Euro nicht überschritten hatte, nicht von den Behörden aufgegriffen werden. Die 9. Novelle enthält deshalb zusätzlich eine Anmeldepflicht, wenn der Kaufpreis die Marke von 400 Millionen Euro überschreitet. Dadurch sollen Zusammenschlüsse erfasst werden, die hohe potenzielle Auswirkungen auf den Markt haben können, aber die Umsätze des Zielunternehmens die entsprechenden Schwellen noch nicht überschreiten.

Verbraucherschutz

Das Bundeskartellamt kann nach der Novelle bei „begründetem Verdacht auf erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, die nach ihrer Art oder ihrem Umfang die Interessen einer Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinträchtigen" (§32 e Abs. 5 u. 6 GWB), eine sogenannte Sektoruntersuchung durchführen. Der Vorschlag durch die Einführung von Musterklagen die Rechte des einzelnen Verbrauchers wesentlich zu stärken, wurde jedoch nicht umgesetzt.

Unter Mitarbeit von Bastian Müller

 

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