Der BFH legte dem EuGH im Sommer 2017 die Regelung des § 6a GrEStG, wonach Umstrukturierungen im Konzern unter bestimmten Umständen keine Grunderwerbsteuer auslösen, zur Kontrolle auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Beihilfe vor. Der EuGH ist nun weitgehend den Schlussanträge seines Generalanwalts gefolgt und verneint die Beihilferechtswidrigkeit der Klausel.
Nach der Konzernklausel im GrEStG führt die konzerninterne Übertragung von mehr als 95 % der Anteile an einer Gesellschaft durch einen Umwandlungsvorgang nicht zur Entstehung von Grunderwerbsteuer, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere darf an dem Umwandlungsvorgang nur ein herrschendes Unternehmen und eine bzw. mehrere von diesem Unternehmen abhängige Gesellschaft(en) beteiligt sein. Dies setzt u. a. voraus, dass das herrschende Unternehmen in den letzten fünf Jahren vor der Umwandlung an der abhängigen Gesellschaft zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt war und dies in den fünf Jahren nach der Umwandlung auch bleibt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Sommer 2017 die Frage vor, ob die Begünstigung der Konzernklausel mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar ist. Träfe dies nicht zu, hätte das die Rechtswidrigkeit der Steuerbegünstigung zur Folge, da die EU-Kommission im Vorwege nicht im Rahmen eines Notifizierungsverfahrens zur Vereinbarkeit mit dem Beihilferecht befragt wurde (Art. 108 Abs. 3 AEUV). Die nicht erhobene Grunderwerbsteuer wäre dann in voller Höhe nachzuerheben.
Schlussanträge des Generalanwalts
Der Generalanwalt beim EuGH hat in seinen Schlussanträgen vom 19.09.2018 empfohlen die Konzernklausel nicht als staatliche Beihilfe einzuordnen. Aus seiner Sicht fehlt es an dem Merkmal einer Selektivität der Steuerbegünstigung. Der Generalanwalt bevorzugt dabei die klassische Prüfungsmethode, wonach eine unerwünschte Selektivität lediglich dann vorliegt, wenn der Vorteil nicht allen Unternehmen im Inland offensteht, prüft die Beihilferechtskonformität aber auch anhand der strengeren Methode des Bezugsrahmens. Aus Sicht des Generalanwalts stellt die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel nach beiden Prüfmethoden keine selektive Begünstigung dar.
Entscheidung des EuGH in der Rs. A-Brauerei (C -374/17)
Der EuGH ist nun mit Urteil vom 19.12.2018 den Empfehlungen seines Generalanwalts weitgehend gefolgt. Zwar wendet der EuGH die strengere Methode des Bezugsrahmens an und erkennt eine Abweichung der Konzernklausel vom Bezugsrahmen, den das Gericht in § 1 Abs. 1 Nr. 3 sowie § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG verortet. Die daraus resultierende Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen in grundsätzlich vergleichbaren Situationen sieht der EuGH allerdings als gerechtfertigt an. Der Zweck der Konzernklausel, wonach ein bei wirtschaftlicher Betrachtung lediglich einmaliger Erwerb eines Grundstücks durch einen Konzern nicht doppelt besteuert werden soll, rechtfertigt aus Sicht des Gerichts die strengen Voraussetzungen in Gestalt der Mindestbeteiligungsquote von 95 % und der Haltefristen von fünf Jahren vor und nach dem Umwandlungsvorgang, welche dazu führen, dass nur ein Teil der Steuerpflichtigen von der Steuerbefreiung profitiert. Im Ergebnis stellt die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel daher keine selektive Maßnahme i.S.d. Art. 107 AEUV dar und verstößt dementsprechend nicht gegen das EU-Beilhilferecht.
Einordnung
Der EuGH hat seine Entscheidung mit Augenmaß getroffen und verschafft betroffenen Unternehmen Erleichterung in Bezug auf konzerninterne Umstrukturierungen. Das Damoklesschwert der Beihilferechtswidrigkeit der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel ist nun für diese Fälle beseitigt. Wenngleich der Anwendungsbereich der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel durch seine zahlreichen Anwendungsvoraussetzungen auch weiterhin sicherlich begrenzt bleiben wird, ist die Entscheidung des EuGH daher zu begrüßen.
Bedauerlich ist, dass der EuGH dem Ansatz seines Generalanwalts durch den ausschließlichen Ansatz der klassischen Prüfmethode auch für weitere steuerliche Begünstigungen die Diskussion um die Beihilferechtskonformität zu beenden, nicht folgt. Gleichwohl verschafft die vorliegende Entscheidung des EuGH für vergleichbare Fälle zumindest Verteidigungsargumente, da aus Sicht des EuGH der Zweck einer steuerlichen Begünstigungsregelung, eine Nicht- oder Doppelbesteuerung zu vermeiden, eine durch die Regelung eintretende Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen in vergleichbaren Situationen rechtfertigen kann.
Weiterführende Links:
- Urteil des Gerichtshofs (19.12.2018)
- ESCHE blog: Hoffnung für die Konzernklausel im GrEStG – Generalanwalt sieht keine staatliche Beihilfe (28.11.2018)
Autoren: Daniel Fengler, Simon Pommer, LL.M.