Wie bereits im Oktober angekündigt, hat die EU-Kommission jetzt die Schwellenwerte für öffentliche Aufträge mit Wirkung zum 1. Januar 2020 neu festgesetzt. Die neuen Schwellenwerte wurden am 31. Oktober 2019 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie markieren die Grenze für den Auftragswert, ab dem eine europaweite Ausschreibung zu erfolgen hat.
Neue EU-Schwellenwerte
Die ab dem 1. Januar 2020 geltenden neuen Schwellenwerte sind geringfügig niedriger als die bisherigen und betragen:
- 5.350.000,00 Euro für Bauaufträge (derzeit 5.548.000,00 Euro);
- 214.000,00 Euro für Dienstleistungs- und Lieferaufträge (derzeit 221.000,00 Euro);
- 139.000,00 Euro für Dienstleistungs- und Lieferaufträge oberer und oberster Bundesbehörden (derzeit 144.000,00 Euro);
- 428.000,00 Euro für Dienstleistungs- und Lieferaufträge von Sektorenauftraggebern und im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (derzeit 443.000,00 Euro);
- 5.350.000,00 Euro für die Konzessionsvergabe (derzeit 5.548.000,00 Euro).
Bedeutung der EU-Schwellenwerte
Die Schwellenwerte markieren den Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts und damit zugleich denjenigen des bundesweit geltenden Kartellvergaberechts (GWB, VgV, SektVO, Abschnitt 2 VOB/A 2019 usw.), das die EU-Vergaberichtlinien in Deutschland umsetzt. Erreicht oder übersteigt der Auftragswert den jeweils maßgeblichen EU-Schwellenwert, muss der Auftrag nach diesen Vorschriften europaweit ausgeschrieben werden. Unterhalb der Schwellenwerte hat zumeist eine „nationale Ausschreibung“ zu erfolgen (UVgO, Abschnitt 1 VOB/A 2019). Die Schwellenwerte werden von der EU-Kommission regelmäßig angepasst. Sie basieren auf den Schwellenwerten des General Procurement Agreement (GPA), die in einer künstlich vom IWF geschaffenen Währungseinheit, den sogenannten Sonderziehungsrechten (SZR) angegeben werden. Die Anpassung der EU-Schwellenwerte bildet die Kursschwankungen zum Euro in regelmäßigen Abständen ab.
Inkrafttreten der Änderungen
Die nun veröffentlichten neuen Schwellenwerte gelten grundsätzlich ab dem 1. Januar 2020, betreffen jedoch nicht die zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Ausschreibungsverfahren. Maßgeblich für die anzuwendenden Schwellenwerte ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet oder das Verfahren auf andere Weise eingeleitet wird. Ob ein Auftragswert den Schwellenwert überschreitet, ist vom Auftraggeber durch ordnungsgemäße Schätzung zu ermitteln. Auch wenn die Schätzung im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, ist hierbei große Sorgfalt geboten: Eine fehlerhafte Schätzung und, hieraus resultierend, die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens kann von potentiellen Bietern in einem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer gerügt werden.
Autoren: Dr. Martin Dieckmann, LL.M., Dr. Sven Gutknecht