Sog. Fake-President-Fälle verlangen kritische Sichtung der D&O-Versicherung

Sog. Fake-President-Fälle beschäftigen zunehmend D&O-Versicherer. Die Geschichte eines solchen Falles ist schnell erzählt: Geschäftsführer A oder Prokurist B erhält anscheinend ein Fax von den ihm vorgesetzten Gesellschaftern, Geschäftsführern oder sonstigen Unternehmensgremien. Er wird darin angewiesen, innerhalb kürzester Zeit eine hohe Zahlung auf ein Auslandskonto – außerhalb der EU – zu leisten. Zahlungsgrund sei eine wichtige, bisher geheim gehaltene Transaktion (Geschäft o. ä.). Werde die Zahlung nicht „rechtzeitig“ geleistet, scheitere das Geschäft mit unabsehbaren Folgen. Er müsse absolutes Stillschweigen darüber bewahren. Das Fax ist natürlich eine Fälschung, aber täuschend echt aufgemacht. A oder B lässt sich täuschen und überweist – das Geld ist weg.

So kurios dieser Fall scheint, so oft kommt er vor und beschäftigt zunehmend die D&O-Versicherer.

Der Fall scheint klar: Der Geschäftsführer wurde getäuscht, so dass ein D&O-Fall vorliegt. Doch in der Regel weiß der Geschäftsführer, dass er Pflichten verletzt oft Zustimmungsvorbehalte, die an bestimmte Wertgrenzen anknüpfen, oder doch zumindest die Pflicht, seine Mitgeschäftsführer über wesentliche Angelegenheiten aus dem eigenen Ressort zu informieren. Insoweit hat der Geschäftsführer also vorsätzlich gehandelt, was nach den allermeisten D&O-Bedingungswerken zum Verlust der Versicherungsdeckung führen kann. Hier gewinnt nun ein – großväterlich akademisch anmutender – Streit um den (zivilrechtlichen) Vorsatzbegriff an Bedeutung: Zivilrechtlich handelt nur derjenige vorsätzlich, der außer dem Wissen und Wollen einer Tat diese auch im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ausführt (strafrechtlich ist das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit nur sehr eingeschränkt erforderlich). Auf diese Finessen gehen die meisten D&O-Bedingungswerke aber gar nicht erst ein, sondern sprechen schlicht von deckungsausschließendem Vorsatz. In nicht wenigen Fällen argumentieren nun die Versicherer, dass eine deckungsausschließende Vorsatztat von A oder B vorliegt. Meist schließen sich mühselige Vergleichsgespräche um den Deckungsschutz an.

Die Konsequenz für Geschäftsführer, Vorstände und Gesellschafter ist eine Doppelte: Im Rahmen ihrer eigenen Sorgfaltspflichten müssen sie unternehmensweit Aufklärung über derartige Fake-President-Fälle betreiben, um zu verhindern, dass jemand auf diese hereinfällt. Unterlassen sie dies, droht ein eigener Sorgfaltsverstoß. Zudem müssen sie gegebenenfalls durch Nachbesserungen des Bedingungswerkes der – hoffentlich vorhandenen – D&O-Versicherung sicherstellen, dass auch Fake-President-Fälle unter ihren D&O-Versicherungsschutz fallen.

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