Die Stiftung Warentest hat Agenturen getestet, die Bewertungen bei Google, Amazon und Co. verkaufen. Dazu haben Mitarbeiter der Stiftung undercover als Tester bei diesen Agenturen angeheuert. Der Test entlarvt in erschreckender Weise das manipulative System und den Umfang von Fake-Bewertungen im Internet.

Beim Online-Shopping, bei Hotelbuchungen oder der Suche nach Ärzten und Handwerken orientieren sich viele Nutzer an positiven Bewertungen anderer. Zwar dürfte vielen Verbrauchern bewusst sein, dass man nicht alles für bare Münze nehmen kann, was auf Bewertungsplattformen zu finden ist. Doch wie systematisch und unverfroren Bewertungen im Internet manipuliert werden, hatte wohl kaum jemand erwartet. Nachzulesen ist das in der Juli-Ausgabe des Magazins „test“.

Die Tester heuerten zwischen Dezember 2019 bis Mai 2020 inkognito bei sieben Agenturen an, deren Geschäftsmodell darin besteht, auf Plattformen wie Amazon oder Google Rezensionen von Waren oder Dienstleistungen einzustellen. Jeder kann bei diesen Agenturen als Rezensent anheuern und gegen kleine Bezahlung Bewertungen verfassen.

Die Untersuchung der Stiftung Warentest legt offen, dass die Agenturen nicht an authentischen und echten Bewertungen interessiert sind, sondern an gefälschten positiven. Konzipiert war der Test so, dass die Tester ausschließlich mittelmäßige Bewertungen schrieben und drei von fünf Sternen vergaben. Schlechtere Bewertungen gaben die Tester vorsichtshalber nicht ab, um nicht den bewerteten Produkten zu schaden. Diese Vorsichtsmaßnahme hätte sich die Stiftung Warentest freilich sparen können, denn selbst diese mittelmäßigen Bewertungen wollten die Agenturen oft so nicht akzeptieren. In 63 Prozent der Fälle versuchten sie, die Tester zu veranlassen, die Bewertung positiver zu machen. Nur bei zwei der sieben Agenturen fand keine Einflussnahme statt. Bei jeder vierten Rezension wurde sogar ganz offen verlangt, vier oder fünf Sterne zu vergeben – andernfalls würde die Bewertung nicht akzeptiert und vergütet.

Neben solcher Einflussnahme setzten mehrere Agenturen auch auf komplett erfundene Bewertungen. Bei jedem fünften Auftrag konnten die Tester das zu bewertende Produkt nicht ausprobieren; statt des Produkts wurde ihnen lediglich ein Foto davon zur Verfügung gestellt. Anhand dieses Fotos sollten sie dann konkrete Produkteigenschaften bewerten, wie beispielsweise die Sohle eines Turnschuhs.

Mit einem weiteren Test belegt die Stiftung Warentest, dass solche manipulierten Bewertungen tatsächlich den Weg ins Netz finden. Sie kaufte bei vier Agenturen 120 Bewertungen zu zehn Euro das Stück ein, um das Google-Profil eines Internetshops aufzuwerten. Der testweise eingerichtete Shop erhielt daraufhin tatsächlich nach und nach gute Bewertungen. Einige verschwanden zwar wieder – vermutlich weil Google sie enttarnt hatte. Viele Fake-Bewertungen blieben allerdings online.

Das Geschäft der Agenturen läuft übrigens nicht nur mit positiven Bewertungen, sondern auch mit negativen. Vielfach beauftragen Wettbewerber diese Agenturen, um unliebsamen Konkurrenten mit negativen Bewertungen das Leben schwer zu machen.

Praxistipp
Fake-Bewertungen können erhebliche Schäden anrichten. Betroffene sind ihnen aber nicht schutzlos ausgeliefert. Das Wettbewerbs- und das Äußerungsrecht bieten wirksame Mittel der Gegenwehr (s. ESCHE Blog: Gekaufte Fake-Bewertungen unzulässig? Na klar! und Bewertungen im Internet – kein rechtsfreier Raum). Auch wenn der Verfasser der Bewertung anonym ist, bietet das vom Bundesgerichtshof entwickelte „Notice-and-Takedown-Verfahren“ einen schnellen und effizienten Mechanismus, um gegen Fake-Bewertungen vorzugehen (s. ESCHE blog: Die Not mit den Noten).

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