In einer Stellenanzeige suchte ein Autohaus gezielt nach weiblichen Autoverkäuferinnen. Die darin liegende Benachteiligung sah das LAG Köln gemäß § 8 Abs. 1 AGG als gerechtfertigt an, da der Arbeitgeber bisher in seinem gesamten Verkaufs- und Servicebereich ausschließlich männliche Personen beschäftigte (LAG Köln v. 18.05.2017 - 7 Sa 913/16).
Arbeitgeber wollte explizit Verkäuferinnen gewinnen
Der Arbeitgeber, Betreiber eines Autohauses, beschäftigte zum Zeitpunkt der Stellenausschreibung, in der er gezielt nach weiblichen Mitarbeiterinnen suchte, im Verkaufs- und Servicebereich ausschließlich männliche Arbeitnehmer. Um weibliche Verkäuferinnen zu gewinnen, schaltete er unter der Überschrift „Frauen an die Macht!“ eine Stellenanzeige. Im Text hieß es: „Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“. Hiermit wollte der Arbeitgeber den Zweck verfolgen, seiner Kundschaft Beratungsleistungen durch Verkaufspersonal beiderlei Geschlechts anzubieten und dadurch bessere Verkaufsergebnisse zu erzielen. Eingestellt wurde schließlich – wenig überraschend – eine Frau, während ein männlicher Bewerber eine Absage erhielt. Dieser sah eine Benachteiligung wegen seines Geschlechts, hatte jedoch mit seiner Entschädigungsklage keinen Erfolg.
Unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt
Der Text der Stellenanzeige indizierte zwar nach Auffassung des LAG Köln tatsächlich eine Benachteiligung des männlichen Bewerbers wegen seines Geschlechts, das Gericht sah im konkreten Fall aber die unterschiedliche Behandlung gemäß § 8 Abs. 1 AGG als gerechtfertigt an. Hiernach ist die unterschiedliche Behandlung wegen eines „verpönten“ Grundes zulässig, wenn der Grund der Benachteiligung – hier das Geschlecht – wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Das LAG Köln erblickte vorliegend im weiblichen Geschlecht eine solche berufliche Anforderung für die Tätigkeit als Autoverkäuferin.
Unternehmerisches Anliegen: Rollenklischees beseitigen
Das unternehmerische Anliegen des Arbeitgebers bestehe darin, überkommene und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigende Rollenklischees in bestimmten Berufsfeldern aufzubrechen. Im konkreten Fall handelte es sich für das Gericht um das Klischee, dass das Berufsfeld eines Autoverkäufers ein typisch männliches ist. Das Anliegen des Arbeitgebers decke sich mit dem Sinn und Zweck des AGG, die Gleichbehandlung der Geschlechter zu fördern. Dazu habe er eine gezielte Maßnahme, dass nicht mehr nur ausschließlich Angehörige eines einzigen Geschlechts beschäftigt werden, ergriffen. Dabei unterstellte das LAG Köln, dass das Geschlecht des Verkaufsberaters für das Gelingen der Kommunikation im Verkaufsgespräch eine nicht unwichtige Rolle spielt. Ein Autokauf sei für den Kunden ein Ereignis von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite und gelte vielfach als „Vertrauenssache“. Der Persönlichkeit und damit auch dem Geschlecht des Vertragspartners komme daher eine gesteigerte Bedeutung zu.
Praxishinweise
Trotz der vorliegenden Entscheidung ist nur davor zu warnen, Stellen nicht geschlechtsneutral auszuschreiben. Ein – eventuell sogar nur vorgeschobenes – unternehmerisches Konzept darf das Benachteiligungsverbot nicht umgehen. Eine Ausschreibung für ein bestimmtes Geschlecht ist ausschließlich dann gerechtfertigt, wenn das Geschlecht für die Ausübung der spezifischen Tätigkeit unverzichtbar ist, Kundenerwartungen und -präferenzen können nur im Ausnahmefall eine Rechtfertigung bieten. Eine Unverzichtbarkeit könnte z. B. bei Models, Schauspielern, Sicherheitskräften zur Personendurchsuchung oder aufgrund gesetzlicher Vorgaben wie bei der Gleichstellungsbeauftragten angenommen werden.
Im entschiedenen Fall lag die Ausnahme ausdrücklich darin, dass das Autohaus zuvor im gesamten Verkaufs- und Servicebereich ausschließlich männliche Mitarbeiter beschäftigte, was bei Übertragung auf weitere Branchen, die von einem bestimmten Geschlecht geprägt sind, allerdings zu einigen Ausnahmefällen und Unklarheiten führen kann. Vor diesem Hintergrund wäre eine höchstrichterliche Entscheidung des BAG, das sich zunächst mit der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde befassen muss, wünschenswert.
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