Hintergrund
Sowohl die Frage unter welchen Voraussetzungen eine Holdinggesellschaft umsatzsteuerrechtliche Unternehmerin ist, als auch die damit zusammenhängende Fragestellung der Vorsteuerabzugsberechtigung haben in den vergangenen Jahren sowohl Rechtsprechung als auch Literatur vielfach beschäftigt. In diesem Zusammenhang erfolgten u. a. durch die BFH-Urteile vom 12. Februar 2020 (Az. XI R 24/18) und vom 23.09.2020 (Az. XI R 22/18) weitere Konkretisierungen. Zu diesem Themenbereich siehe auch unsere Blog-Beiträge vom 02. Oktober 2018 sowie vom 16. Juni 2020.
In den meisten Fällen wird aufgrund der für den Steuerpflichtigen positiven Entwicklung der Rechtsprechung der Vorsteuerabzug einer Holding durch die Erbringung entgeltlicher Leistungen gegenüber ihren Tochtergesellschaften insgesamt zu erreichen sein.
Ist dies allerdings nicht gegenüber allen Tochtergesellschaften der Fall, so verfügt die betreffende Holding aus umsatzsteuerlicher Sicht anteilig über einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich (gemischte Holding).
Höchstrichterlich ist für solche Konstellationen bisher noch nicht abschließend geklärt, nach welchem Maßstab eine Vorsteueraufteilung zu erfolgen hat.
Einschätzung u. Praxishinweis
Die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen hinsichtlich Eingangsumsätzen, die zum Teil für Ausgangsumsätze verwendet werden, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gesetzlich in § 15 Abs. 4 UStG geregelt. Hiernach gilt, dass in einem ersten Schritt eine direkte Zuordnung zum jeweiligen Bereich erfolgen soll. Hinsichtlich der verbleibenden, nicht direkt zuordenbaren Eingangsleistungen ist eine sachgerechte Schätzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge vorzunehmen, wobei ein umsatzbezogener Aufteilungsschlüssel nur anerkannt wird, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist.
In Konstellationen einer gemischten Holding dürfte bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 15 Abs. 4 UStG dem Grunde nach keine so detaillierte Aufteilung wie in den Fällen der Aufteilung nach steuerpflichtigen/steuerfreien Umsätzen geboten sein, da das Unionsrecht für die Aufteilung auf wirtschaftliche/nichtwirtschaftliche Tätigkeiten nur die Vorgabe enthält, dass die Aufteilung das Verhältnis der beiden Tätigkeiten objektiv widerspiegeln muss.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist beim Vorliegen einer gemischten Holding allerdings eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.
Daraus folgt, dass, soweit Eingangsleistungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der Verwaltung der im nichtunternehmerischen Bereich gehaltenen Beteiligungen stehen, für diese Eingangsleistungen kein Vorsteuerabzug möglich ist.
Bisher nicht abschließend durch die Rechtsprechung geklärt ist hingegen, wie Vorsteuerbeträge aufzuteilen sind, die nicht direkt der unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden können (sog. Gemeinkosten). Laut der Rechtsprechung des BFH kann auch hier § 15 Abs. 4 UStG analog angewendet, also eine sachgerechte Schätzung vorgenommen werden. In Betracht kommt hierbei das Verhältnis der jeweiligen Erlöse der Tochtergesellschaften, der Erlöse aus den Beteiligungen oder der Investitionen in die jeweiligen Bereiche (Investitionsschlüssel).
Durch diese nicht abschließend formulierten Vorgaben durch Gesetzgeber, Verwaltung oder Rechtsprechung können sich im Einzelfall Gestaltungsspielräume ergeben. Je nach herangezogenem Aufteilungsmaßstab kann es zu einer vollständigen Zuordnung der Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen, in Gestalt von Gemeinkosten, zum unternehmerischen Bereich der Holding kommen und damit insoweit zum vollen Vorsteuerabzug.
Ob sich eine solche Zuordnung jedoch noch als sachgerecht einordnen ließe, ist indes fraglich, beispielsweise weil sich die Erträge aus den Tochtergesellschaften durch gezieltes Ausschüttungsverhalten steuern ließen. Eine vorherige Abstimmung mit der Finanzverwaltung, jedenfalls aber eine offene Kommunikation des angewendeten Aufteilungsschlüssels im Rahmen der steuerlichen Deklaration ist zu empfehlen.
Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass auch in den Fällen von Leistungen, die unter das Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b UStG) fallen, eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs vorgenommen werden muss, da auch hier gilt, dass die zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung für das Unternehmen (unternehmerischer Teil) des Leistungsempfängers bezogen werden muss.
Autoren: Thomas Schäffer, Steffen Kurpierz