Der Vorbereitende Ausschuss des Einheitlichen Patentgerichts hat am 11. Mai 2015 den Entwurf einer Regelung der Gerichtsgebühren und erstattungsfähigen Kosten veröffentlicht und zugleich ein Konsultationsverfahren gestartet. Bereits jetzt kann festgestellt werden: Die Gerichtsgebühren sowie die der Gegenseite im Fall des Unterliegens zu erstattenden Kosten für Klagen beim Einheitlichen Patentgericht werden erheblich sein. In einigen Fällen sind Klagen beim Einheitlichen Patentgericht jedoch durchaus attraktiv.
Opt-out-Gebühr
Der vom Ausschuss veröffentlichte Vorschlag umfasst eine Tabelle der Gerichtsgebühren sowie zwei Varianten für Ermäßigungs- und Ausnahmetatbestände. In der Tabelle ist auch die Opt-out-Gebühr enthalten. Diese Gebühr fällt an, wenn der Inhaber eines europäischen Patents durch Erklärung die ausschließliche Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ausschließt. Über die Höhe der Opt-out-Gebühr war im Vorfeld viel diskutiert worden, weil sie ein wichtiges Kriterium für den Erfolg des Einheitspatentgerichts ist. Bei abschreckend hohen Gebühren wäre zu erwarten gewesen, dass viele Patentinhaber ihre europäischen Patente im neuen Patentgerichtssystem belassen.
Der Vorschlag des Ausschusses sieht vor, dass die Opt-out-Gebühr € 80 betragen wird. In den Erläuterungen wird klargestellt, dass die Gebühr einmalig pro Patentfamilie anfällt, also nicht für jedes nationale Schutzrecht gesondert. Auch wenn eine Vielzahl von Patenten oder ein gesamtes Patentportfolio ausgeschlossen werden soll, dürften die Kosten des Opt-out Patentinhaber also kaum von dessen Ausübung abhalten.
Gerichtsgebühren
Die Gerichtsgebühren für Patentstreitigkeiten vor dem Einheitlichen Patentgericht setzen sich aus einer sofort zu zahlenden Festgebühr sowie einer streitwertabhängigen Gebühr zusammen. Gemäß dem Vorschlag des Vorbereitenden Ausschusses wird die Festgebühr für eine Patentverletzungsklage 11.000 € betragen; ebenso viel wird eine Klage auf Feststellung der Nichtverletzung kosten. Die Festgebühr für das Berufungsverfahren wird bei 16.000 € liegen. Die zusätzliche streitwertabhängige Gebühr fällt erst ab einem Streitwert von mehr als 500.000 € an und ist gestaffelt von 2.500 € bis 220.000 €; der Höchstwert fällt bei einem Streitwert über 30 Millionen € an. Der Vorbereitende Ausschuss nimmt an, dass der Streitwert eines Viertels aller Klagen weniger als 500.000 € betragen wird; in diesen Fällen bleibt es also bei einer Gerichtsgebühr in Höhe von 11.000 €. Zu beachten ist bei der Bemessung der Höhe des Streitwerts der größere räumliche Geltungsbereich eines Urteils des Einheitlichen Patentgerichts. Ein Urteil des Einheitlichen Patentgerichts gilt in allen Mitgliedstaaten, in denen das europäische Patent Wirkung hat (Art. 34 Abs. 1 EPGÜ). Wie der Streitwert anzusetzen sein wird, ist noch nicht geregelt.
Der beklagte Verletzer wird regelmäßig die Rechtsbeständigkeit des Patents angreifen. Die damit zwingend verbundene Widerklage auf Nichtigerklärung löst für ihn dieselben Gebühren aus wie die Patentverletzungsklage, höchstens jedoch 20.000 €. Für eine isolierte Klage auf Nichtigerklärung sollen 20.000 € anfallen.
Erstattungsfähige Kosten für die anwaltliche Vertretung
Bei Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht kann die obsiegende Partei auch die zumutbaren und angemessenen Kosten ihrer eigenen anwaltlichen Vertretung zurückfordern. Der Vorschlag des Vorbereitenden Ausschusses enthält auch eine Tabelle, in der – in Abhängigkeit vom Streitwert – Obergrenzen erstattungsfähiger Kosten für die Vertretung festgelegt sind. Diese Obergrenzen sollen die unterliegende Partei vor einer übermäßigen Kostenbelastung schützen. Die erstattungsfähigen Kosten für die anwaltliche Vertretung betragen danach höchstens 50.000 € bei einem Streitwert von bis zu 250.000 € und höchstens 400.000 € bei einem Streitwert von bis zu 4.000.000 €. Gemessen an den in Deutschland gültigen gesetzlichen Vergütungssätzen scheint dies sehr hoch. Es handelt sich jedoch um Obergrenzen. Der Ausschuss macht keine genaueren Vorgaben, welche Anwaltskosten als angemessen anzusehen sind. Es wird daher im Ermessen des erkennenden Gerichts stehen, welche Kosten der Vertretung es in der Sache als angemessen ansieht.
Ausblick
Klagen beim Einheitlichen Patentgericht werden deutlich teurer sein als Klagen vor nationalen Gerichten. Das ist wegen des größeren räumlichen Geltungsbereichs von Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts nicht überraschend. In jedem Fall wird eine Klage vor dem Einheitlichen Patentgericht jedoch günstiger sein als zwei oder gar mehrere nationale Klagen aus demselben europäischen Patent. Das Einheitliche Patentgericht ist daher attraktiv für Patentinhaber, die ein europäisches Patent in mehr als einem Mitgliedstaat durchsetzen wollen. Attraktiv können auch Klagen auf Nichtigerklärung eines Patents sein, für die höchstens 20.000 € Gerichtsgebühren anfallen. In der Diskussion ist derzeit noch, ob kleinen und mittleren Unternehmen durch Gebührenausnahmen besondere Anreize gegeben werden sollen, wie dies eine Variante des Vorschlags vorsieht. Hierüber wird erst nach Abschluss der gegenwärtigen Konsultation aller interessierten Parteien entschieden. Stellungnahmen können noch bis zum 31. Juli 2015 eingereicht werden.
Siehe auch: "Einheitspatent und einheitliches Patentgericht"; "Rules on Court fees and recoverable costs"
Autoren: Dr. Oliver Stegmann, Olaf Gelhausen