Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Januar 2015 (16 Sa 458/14 u. a.) zum Thema: Persönliche Haftung von Geschäftsführern bei Gesetzesverstößen der Gesellschaft.
In einer vielbeachteten Entscheidung hat am 20. Januar 2015 das Landesarbeitsgericht Düsseldorf Stellung zu der persönlichen Haftung von Geschäftsführern bei Gesetzesverstößen der Gesellschaft bezogen. Der Fall drehte sich um das sog. "Schienenkartell". Aufgrund der Beteiligung an dem Schienenkartell musste ThyssenKrupp an das Bundeskartellamt ein Bußgeld in dreistelliger Millionenhöhe zahlen. Daraufhin versuchte ThyssenKrupp, Regress gegen einen ehemaligen Geschäftsführer zu nehmen. Dieser habe das Kartell nicht verhindert. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wies die Klage von ThyssenKrupp ab. Derzeit läuft vor dem Bundesarbeitsgericht ein Revisionsverfahren (Az. 99 AZR 189/15).
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf argumentiert, dass eine Geldbuße kein erstattungsfähiger Schaden sei. Das ergebe sich aus der Trennung zwischen ordnungsrechtlicher Sanktionierung und zivilrechtlicher Lastentragung. Bei der zivilrechtlichen Prüfung des Schadensersatzes gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG müsse berücksichtigt werden, dass der Normadressat für die Geldbuße das Unternehmen sei, nicht jedoch der Geschäftsführer.
Das Urteil gilt zunächst nur für die GmbH. Allerdings können die rechtlichen Überlegungen auch auf Aktiengesellschaften übertragen werden, da für sie gemäß § 93 Abs. 2 AktG gleichlautende Regelungen gelten.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf steht in einem Spannungsverhältnis zu einer Entscheidung des Landgerichts München I (Az. 5 HKO 1387/10). Diese erging in dem Siemens-Korruptionsverfahren. Das Münchener Gericht entschied, dass ein Vorstandsmitglied auch dann für Schäden der Gesellschaft haften kann, wenn das Vorstandsmitglied aufgrund der internen Ressortzuständigkeit selbst nicht direkt für die Verhinderung von Rechtsverstößen verantwortlich war. Die zu erwartende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird daher nicht das letzte Wort zu diesem Thema sein.
Selbst wenn sich die Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf durchsetzen sollte, bleiben im Falle von Kartellverstößen erhebliche Risiken für Geschäftsleiter:
So sind ohne weiteres Konstellationen denkbar, in denen ein Geschäftsführer oder Vorstand aufgrund seiner internen Ressortzuständigkeit für die Verhinderung von Rechtsverstößen unmittelbar verantwortlich ist. Dann muss er auch nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf für die entstandenen Schäden haften.
Auch sieht das Kartellgesetz in § 81 Abs. 4 GWB neben den Unternehmensgeldbußen direkte Geldbußen für Privatpersonen (also die handelnden Geschäftsführer und Vorstände) vor. Diese können bis zu EUR 1 Mio. betragen.
Darüber hinaus können Geschäftsleiter von kartellgeschädigten Dritten zivilrechtlich auf Leistung von Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Alles in allem ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf für Geschäftsführer und Vorstände erfreulich. Eine umfassende Befreiung von der Haftung bei Kartellverstößen ist damit aber keinesfalls verbunden.