Das LAG Berlin-Brandenburg hat kürzlich bestätigt, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, einseitig aufgrund seines Weisungsrechts dem Arbeitnehmer die Arbeit im Home-Office zuzuweisen (Entscheidung vom 28.11.2018 - 17 Sa 562/18). Der Arbeitnehmer ist ohne entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung nicht verpflichtet, die Arbeit im Home-Office zu verrichten. Umgekehrt besteht bislang ohne gesonderte Vereinbarung auch kein Recht des Arbeitnehmers auf eine Tätigkeit im Home-Office. Nach aktuellen Plänen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales soll ein solches gesetzliches Recht indes bald eingeführt werden.
LAG Berlin-Brandenburg: Arbeitgeberin kündigte wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung
Der klagende Arbeitnehmer war bei der beklagten Arbeitgeberin als Ingenieur in der Betriebsstätte in Berlin beschäftigt. Die Arbeitgeberin stellte im Rahmen einer Umstrukturierung den Betrieb am Berliner Standort ein und versetzte den Arbeitnehmer ins Home-Office. Der Arbeitnehmer lehnte die Versetzung ab und folgte der Weisung nicht. Die Arbeitgeberin erteilte dem Arbeitnehmer erfolglos eine Abmahnung und sprach daraufhin eine außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung aus. Der Arbeitnehmer erhob gegen die Kündigung Klage und verlangte zugleich die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Abmahnung sowie Kündigung unwirksam
Das Gericht gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte die Arbeitgeberin, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Das Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertige weder die Kündigung noch die Abmahnung. Denn der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet gewesen, die Tätigkeit im Home-Office zu verrichten. Er hätte seine Arbeit ausschließlich in der Betriebsstätte in Berlin erbringen müssen. Eine arbeitsvertragliche Änderung des Arbeitsortes sei nicht erfolgt. Eine Anordnung des Home-Office im Wege einer Versetzung sei vom Weisungsrecht (§ 106 S. 1 GewO) nicht mehr umfasst.
Home-Office mit Betriebsstätte nicht vergleichbar
Das LAG führte aus, die Umstände einer ausschließlich in der eigenen Wohnung zu verrichtenden Arbeit seien mit einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zusammen mit weiteren Mitarbeitern des Arbeitgebers auszuüben ist, nicht zu vergleichen. Der Arbeitnehmer verliere den unmittelbaren Kontakt zu seinen Kollegen und die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen, werde deutlich verringert. Auch würden die Grenzen von Arbeit und Freizeit fließend. Der Arbeitnehmer sei für die betriebliche Interessenvertretung und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften schwerer erreichbar. Dass Arbeitnehmer gleichwohl z. B. zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein könnten, ändere nichts daran, dass diese Form der Arbeit einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht einseitig von dem Arbeitgeber zugewiesen werden könne.
Bundesarbeitsministerium plant gesetzliche Verankerung des Home-Office
Für die Vereinbarung von Home-Office bedarf es einer vertraglichen Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ohne die der Arbeitnehmer weder zur Home-Office-Tätigkeit einseitig verpflichtet werden kann, noch einen Home-Office-Anspruch geltend machen kann. Presseberichten zufolge plant das Bundesministerium für Arbeit und Soziales allerdings eine Gesetzesinitiative, um Arbeitnehmerrechte hinsichtlich des Home-Office zu stärken. Der Arbeitgeber soll demnach das Home-Office grundsätzlich gewähren müssen oder zumindest bei einer Ablehnung zur Begründung verpflichtet werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind unabhängig von einer Gesetzesänderung gut beraten, im Vorfeld des Home-Office schriftlich konkrete Rahmenbedingungen zu vereinbaren. Themen sind u. a. der zeitliche Umfang, die Erreichbarkeit des Arbeitnehmers, der Daten- und der Arbeitsschutz.
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