Am 17.10.2018 hat das BAG (Az. 5 AZR 553/17) die Frage beantwortet, ob Reisezeiten bei Auslandsentsendungen zu vergüten sind (siehe hierzu auch die Pressemitteilung von Esche Schümann Commichau als Verfahrensbeteiligte sowie unseren Blogbeitrag, jeweils datierend vom 18.10.2018). Nun liegen die Entscheidungsgründe vor, die einige Maßgaben für die Reichweite sowie für die Vertragsgestaltung bieten.

Entsendung in das In- und Ausland
Der Arbeitnehmer, der als Bauleiter beim Arbeitgeber auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland eingesetzt wird, war u. a. auf einer Baustelle in China tätig. Der zugrundliegende Entsendungsvertrag enthielt keine gesonderten Regelungen zur Reisezeit. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Überstundenvergütung für die Reisezeit zu tragen. Die Erstattung des Aufpreises für den Flug in der Business-Class war vom Arbeitgeber ebenfalls abgelehnt worden. Dennoch hatte der Arbeitnehmer auf eigene Mehrkosten einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai statt eines Direktflugs in der Economy-Class gebucht.

Vergütungspflicht bei Fremdnützigkeit
Das Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass Reisezeiten zu vergüten sind, wenn sie fremdnützig für den Arbeitgeber sind. Nicht zu vergüten – weil eigennützig – ist demgegenüber der Arbeitsweg vom Wohnort zum Betrieb. Ebenso wie der Arbeitnehmer frei darin ist, seinen Wohnort zu bestimmen und zu verändern, fällt die hiervon abhängige Wegstrecke und Zeitspanne für deren Bewältigung allein in die Sphäre des Arbeitnehmers.

Anders liegt es aber, wenn eine Arbeitsleistung außerhalb des Betriebs zu erbringen ist. Wirtschaftlicher Zweck der Arbeitsleistung ist dann ebenso das Aufsuchen von Kunden o.ä. In diesen Fällen ist die An- und Abreise ebenfalls Bestandteil der – fremdnützigen – Arbeitsleistung, auch wenn diese am Wohnort des Arbeitnehmers beginnt bzw. endet (so auch schon BAG v. 25.04.2018, 5 AZR 424/17). Offen ist weiterhin, ob und nach welchen Maßstäben ggf. eine Anrechnung ersparter Wegezeiten in Betracht kommt (vgl. BAG v. 17.10.2018, 5 AZR 553/17). Eine Vergütungspflicht für Reisezeiten besteht ebenfalls für Reisezeiten in das Ausland im Falle einer Entsendung, selbst wenn der Arbeitnehmer während solcher Zeitspannen in den Grenzen eines Beförderungsmittels Freizeitaktivitäten bis hin zum Schlafen nachgeht.

Grenzen der Vergütungspflicht
Kommt es zum Streit, gilt folgendes: Gibt der Arbeitgeber den Reiseverlauf vor, ist die hierfür erforderliche Reisezeit grundsätzlich erforderlich und damit vergütungspflichtig. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Planung des Reiseverlaufes, muss der Arbeitnehmer darlegen, sich bei der Planung auf den erforderlichen Reiseverlauf beschränkt zu haben. Hier eröffnet sich eine Gestaltungsmöglichkeit für den Arbeitgeber.

Als erforderlich gilt der wirtschaftlichste Reiseverlauf, in der Regel also die zeitlich kürzeste und bei mehreren zumutbaren Alternativen verfügbare Reisemöglichkeit. Eine Beförderung in der Buchungsklasse Economy ist nach der Rechtsprechung des BAG zumutbar. Zum vergütungspflichtigen Reiseverlauf zählen neben dem Flug der Transfer von und zum Flughafen, nicht aber z. B. das Kofferpacken oder Hygieneaktivitäten vor der Abreise.

Praxishinweis
Das BAG lässt eine abweichende Gestaltung der Vergütung von Reisezeit durch Arbeits- oder Tarifvertrag zu. Grenze ist der gesetzliche Mindestlohn, der unter Einbeziehung der Reisezeit nicht unterschritten werden darf. Zudem sind die Vorgaben einer hinreichenden Transparenz (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) zu beachten – für den Arbeitnehmer muss aus der Klausel erkennbar sein, ob und in welchem Umfang die Vergütung der Reisezeit ausgeschlossen ist.

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