Auskunftsansprüche werden häufig geltend gemacht, um beim Auskunftsverpflichteten Aufwand zu produzieren. In Arbeitsrechtsprozessen gehört es mittlerweile zum Standard, dass der Arbeitnehmer Auskunft über die ihn betreffenden personenbezogenen Daten, die beim Arbeitgeber gespeichert oder in sonstiger Form verarbeitet werden, verlangt, um die Vergleichsbereitschaft des Arbeitgebers zu erhöhen. Das Landgericht Heidelberg setzt dieser Praxis in seinem Urteil vom 21. Februar 2020 (4 O 6/19, BeckRS 2020, 3071) Grenzen.
Sachverhalt
Der Kläger war in den Jahren 2010/2011 Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft meldete im März 2013 Insolvenz an. Der Beklagte ist der über das Vermögen der Gesellschaft bestellte Insolvenzverwalter.
Der Beklagte hatte in einem anderweitigen Verfahren gegen den hiesigen Kläger eine zivilrechtliche Klage erhoben. Der Kläger „antwortete“ mit einer Widerklage und verlangte umfassende Auskunft über die vom Beklagten vorgenommene Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten gemäß Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO. Hilfsweise beantragte der Kläger Auskunft über personenbezogene Daten betreffend die Datenkategorie „E-Mail-Korrespondenz im Zeitraum vom 21. August 2010 bis zum 30. November 2011“.
Entscheidung des LG Heidelberg
Das LG Heidelberg wies die Klage mit folgender Begründung ab:
Die Hauptanträge seien zu unbestimmt. Der Verantwortliche (der Beklagte) dürfe vor Auskunftserteilung von der betroffenen Person (dem Kläger) eine Präzisierung des Auskunftsbegehrens verlangen. Danach habe die betroffene Person klarzustellen, an welche Informationen bzw. welchen Verarbeitungsvorgängen sie interessiert sei. Eine solche Klarstellung ließe die Hauptanträge, die auf unbeschränkt Auskunft über sämtliche den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten gerichtet sein, vermissen.
Der Hilfsantrag, der lediglich auf die Auskunftserteilung in Bezug auf den Kläger betreffende E-Mail-Korrespondenz in seiner Zeit als Vorstand der Aktiengesellschaft gerichtet sei, sei zwar hinreichend bestimmt. Dieser Antrag sei aber unbegründet, weil die Erfüllung dieser Auskunft für den Beklagten mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sei. Nach dem nachvollziehbaren und plausiblen Vortrag des Beklagten müssten zur Beschaffung der Daten diese zunächst auf den alten Servern der Aktiengesellschaft wiederhergestellt werden. Dazu würden nach dem Vortrag des Beklagten bis zu EUR 4.000,00 anfallen. Sodann dürfte es um mehrere tausend E-Mails gehen, die gesichtet und zur Sicherung berechtigter Interessen Dritter ggf. teilweise geschwärzt werden müssten. Nach den nachvollziehbaren Darlegungen des Beklagten würde die Aufbereitung dieser Daten eine Person über Wochen beschäftigen.
Dieser Aufwand stehe in keiner Relation zu dem allenfalls als gering einzustufenden Informationsinteresse des Klägers. Es handle sich vorliegend um E-Mails, die bereits 9 bis 10 Jahre alt seien. Der Kläger habe seinen Auskunftsanspruch erst nach Jahren der Beendigung seiner Tätigkeit für die Aktiengesellschaft geltend gemacht. Zudem sei der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens der mündlichen Verhandlung vor der angerufenen Kammer unentschuldigt fern geblieben. Es stehe dem Gericht frei, dies zu würdigen und für den Kläger nachteilige Schlüsse, nämlich vorliegend auf das fehlende bzw. geringe Informationsinteresse des Klägers zu ziehen.
Praxishinweis
Es ist erfreulich, dass das Landgericht Heidelberg der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung eines Auskunftsanspruches eine Absage erteilt hat. Wo die Grenzen zu Unverhältnismäßigkeit liegen, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt. Hier kam hinzu, dass der Kläger erkennbar kein echtes Interesse an der Auskunftserteilung hatte. Liegt der Fall weniger eindeutig, werden Auskunftsverpflichtete auch bei hohem Aufwand weiterhin grundsätzlich Auskunft nach Artikel 15 DS-GVO zu erteilen haben (vgl. d OLG Köln vom 26.07.2019 - 20 U 75/18 (ESCHE blog v. 23.08.2019: In die Vollen)