Nach Konsultationen und abschließender Beratung durch den Vorbereitenden Ausschuss auf seinem Treffen vom 24./25. Februar 2016 liegt nunmehr der endgültige Entwurf der Regeln für die Gerichtsgebühren und erstattungsfähigen Anwaltskosten vor. Er enthält eine Überraschung: Für den Ausschluss eines europäischen Patents aus der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts (Opt-out) sowie für die Rücknahme dieses Ausschlusses sollen keine Gebühren erhoben werden. Hiervon profitieren werden Patentinhaber, die ihr gesamtes Patentportfolio ausschließen wollen.
Keine Opt-out-Gebühr
Über eine Optout-Gebühr war viel diskutiert worden, weil mit ihr gesteuert werden kann, wie viele europäische Patente in der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts verbleiben. In dem im Mai 2015 vorgestellten ersten Entwurf der Gebührenordnung ( https://blog.esche.de/artikel/gerichtsgebuehren-und-anwaltskosten-beim-einheitlichen-patentgericht-abschreckend-hoch/ ) war eine Opt-out-Gebühr in Höhe von EUR 80,00 pro Patentfamilie vorgesehen. In der Erläuterung war angegeben, dass die Gebühr keine abschreckende Wirkung haben, sondern nur die Verwaltungskosten decken sollte, die durch die Registrierung des Ausschlusses des Patents entstehen. Der Vorbereitende Ausschuss hat nun jedoch festgestellt, dass bei dem elektronischen Case Management System, mit dem das Einheitliche Patentgericht arbeiten wird, für die Bearbeitung von Opt-out-Anträgen tatsächlich keine zusätzlichen Kosten entstehen werden. Der Patentinhaber macht alle Eingaben selbst. Insoweit ist es nur folgerichtig, dass auch auf die Gebühr für das Opt-out und dessen Rücknahme verzichtet wird. Damit entfällt zugleich jeglicher Aufwand für die Einziehung der Gebühren in der Phase vor der Aufnahme der Gerichtsbarkeit.
Ein Gerichtsverfahren = eine Gebühr
Eine weitere bedeutsame Neuerung findet sich in der künftigen Regel 370 Abs. 7 der Verfahrensordnung: Die Festgebühr (in Höhe von € 11.000 im Falle einer Verletzungsklage) und die streitwertabhängige Gebühr (ab einem Streitwert von mehr als € 500.000) werden auch dann nur einmal anfallen, wenn in dem Gerichtsverfahren mehr als ein Kläger oder Beklagter auftreten oder eine Mehrzahl von Patenten betroffen ist. In den Erläuterungen heißt es, es handele sich um eine Klarstellung. Diese Regel werden sich Kläger zunutze machen können: Durch die streitwertneutrale Zusammenfassung mehrerer Patente in einer Klage, die sich gegen dasselbe Verletzerprodukt richtet, kann der Patentinhaber möglicherweise erhebliche Verfahrensgebühren sparen bzw. zu denselben Gebühren die Erfolgsaussichten einer Klage erhöhen.
Für die Streitwertberechnung hat der Vorbereitende Ausschuss Richtlinien vorgelegt. Die Bestimmung einer streitwertabhängigen Gebühr soll danach so einfach und praktisch wie möglich vorgenommen werden. Die umfangreiche Kasuistik, die sich in Deutschland herausgebildet hat, wird danach nicht angewendet werden können. Der grundsätzliche Ansatz ist jedoch gleich: Entscheidend ist das objektive Interesse des Klägers zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (Regel 370 Abs.6). Abzustellen ist auf den künftigen Umsatz des Beklagten mit den angegriffenen Produkten bis zum Ablauf des Patentschutzes. Der Streitwert berechnet sich vorzugsweise aus einer geeigneten Lizenzgebühr auf diesen Umsatz.
Gebührenermäßigung
Sah der erste Entwurf der Gebührenordnung vom Mai 2015 noch zwei Alternativen verschiedener Gebührenermäßigungstatbestände vor, hat sich der Vorbereitende Ausschuss nunmehr für eine Kombination entschieden: In den Genuss einer Ermäßigung auf 60% der regulären Gebühren kommen kleinere und Kleinstunternehmen, wenn sie ihre geringen Umsätze ausreichend nachweisen können (Regel 370 Abs. 8). Bei den Konsultationen waren Befürchtungen vorgebracht worden, wonach kleineren und mittleren Unternehmen ein überhöhter Bürokratieaufwand entstünde, andererseits die Ermäßigung auch zum Missbrauch durch Patenttrolle einlade. Der gefundene Kompromiss soll sowohl finanzierbar sein als auch der Ermäßigung im Anmeldeverfahren beim Europäischen Patentamt entsprechen. Gestaffelte Gebührenermäßigungen im Falle eines Vergleichs, einer frühzeitigen Klagerücknahme oder einer Entscheidung durch den Einzelrichter sind beibehalten.
Weiterführende links:
Rules on Court fees and recoverable costs
Autor: Olaf Gelhausen