Im Oktober 2017 veröffentlichte die EU-Kommission Vorschläge, um das geltende Umsatzsteuerrecht grundlegend zu reformieren. Ein Teil der Vorschläge sind die sogenannten Quick Fixes, die zum 01.01.2019 in Kraft treten sollten. Dieser Zeitpunkt wurde nun verschoben.

Die EU-Kommission hat im Oktober 2017 verschiedene Maßnahmen beschlossen, um das veraltete europäische Umsatzsteuerrecht an die Anforderungen der zunehmend internationalisierten und digitalen Wirtschaft anzupassen. Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehören die sogenannten Quick Fixes. Diese Quick Fixes sollten zum 01.01.2019 in Kraft treten, um schnell auf umsatzsteuerliche Probleme der Praxis zu reagieren. Durch Beschluss der EU-Finanzminister (ECOFIN) vom 02.10.2018 wurde dieser Zeitpunkt nun auf den 01.01.2020 verschoben und die Quick Fixes modifiziert.

 

Aufgabe des Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen

Die bahnbrechende Änderung des Beschlusses des ECOFIN gegenüber den Vorschlägen der EU-Kommission ist die Aufgabe des zertifizierten Steuerpflichtigen. Die Vereinfachungsregelungen nach den Quick Fixes sollten Unternehmen bislang nur nutzen können, wenn es sich jeweils um zertifizierte Steuerpflichtige handelt, d. h. um Unternehmen, die besonders zuverlässig sind. In der Praxis wurden die Kriterien für die Vergabe dieses Status sowie die damit verbundene Zweiklassen-Teilung stark kritisiert. Nach dem Beschluss des ECOFIN werden die o. g. Quick Fixes nicht mehr an den zertifizierten Steuerpflichtigen anknüpfen, sondern für alle Unternehmer in der EU gelten.

 

Überblick über die modifizierten Quick Fixes

Durch die überarbeiteten Quick Fixes sollen folgende Aspekte EU-einheitlich geregelt werden:

Grenzüberschreitende Lieferungen in Konsignationslager
Der bisherige Flickenteppich nationaler Regelungen soll durch eine einheitliche Regelung zu grenzüberschreitenden Lieferungen in Konsignationslager abgelöst werden. Unter bestimmten Voraussetzungen stellen solche Lieferungen zukünftig nur eine umsatzsteuerbare Leistung dar, auch wenn die Ware über einen längeren Zeitraum von maximal 12 Monaten im Konsignationslager verbleibt. Liefernde Unternehmen müssen sich durch die Vereinfachungsregelung daher in bestimmten Fällen nicht mehr im EU-Ausland für solche Lieferungen registrieren und dort steuerliche Pflichten erfüllen.

Grenzüberschreitende Reihengeschäfte
Erstmals soll es eine europäische Definition des Reihengeschäftes geben. Ein Reihengeschäft besteht aus mehreren Umsatzgeschäften, die Unternehmer über denselben Gegenstand abschließen und bei denen dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer in der Reihe transportiert wird. Zahlreiche EU-Staaten kennen das umsatzsteuerliche Konstrukt eines Reihengeschäfts nicht. Dies verkompliziert die Bestimmung des Leistungsorts sowie der warenbewegten Lieferung in der Praxis erheblich, wodurch Unsicherheiten über die Umsatzsteuerbefreiung bzw. Umsatzsteuerpflicht der Lieferungen innerhalb des Reihengeschäfts entstehen. Diese Unsicherheiten werden derzeit durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch verstärkt. Die einheitliche europäische Regelung soll diese Unsicherheiten beseitigen. Die konkrete Ausgestaltung der Regelung orientiert sich gegenüber dem ursprünglichen Entwurf nun stark an der deutschen Regelung zum Reihengeschäft.

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als materielle Voraussetzung von Steuerbefreiungen
Die Verwendung einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) soll zur materiellen Voraussetzung der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen werden. Hintergrund dieser Regelung ist die aktuelle Rechtsprechung des EuGH, wonach der UID lediglich eine formale Bedeutung zukommt. Darüber hinaus soll die Umsatzsteuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen zukünftig an die rechtzeitige Abgabe einer korrekten Zusammenfassenden Meldung geknüpft werden.

 

Fahrplan für die Umsetzung der Quick Fixes

Bereits während des Jahres 2018 deutete sich an, dass der vorgesehene Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Quick Fixes am 01.01.2019 nicht einzuhalten sein wird. Nun haben auch die EU-Finanzminister dieses ambitionierte Ziel aufgegeben. Nach dem Beschluss vom 04.10.2018 sollen die Quick Fixes nun ab dem 01.01.2020 gelten. Die Unternehmen haben daher mindestens ein Jahr länger Zeit, um ihre unternehmerischen Tätigkeiten an die Neuregelungen anzupassen. Abzuwarten bleibt, ob der vorgesehene Zeitpunkt tatsächlich eingehalten wird. Die Quick Fixes müssen von den EU-Mitgliedstaaten nun noch anerkannt und in nationales Recht umgesetzt werden.

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Autoren: Melanie Weist, Simon Pommer, LL.M.

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