Deutschlandweit haben Unternehmen im Zuge der SARS-Covid 19 (Corona)-Pandemie mittlerweile flächendeckend Kurzarbeit eingeführt. Teilweise handelt es sich dabei um eine sog. „Kurzarbeit null“, bei welcher der Arbeitsausfall 100 % beträgt. Dies kann auch erbschaftsteuerliche Auswirkungen infolge der Lohnsummen-Prüfung bei – bestehender oder geplanter – Inanspruchnahme der Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen haben.

Die Einführung von Kurzarbeit soll einerseits das Unternehmen von Lohnfortzahlungspflichten entlasten, die dieses arbeitsrechtlich infolge des Betriebsrisikos trotz des Arbeitsausfalls zu tragen hat. Andererseits dient die Kurzarbeit dem Erhalt der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer. Deren (teilweiser) Lohnausfall wird durch das Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit teilweise ausgeglichen. Das Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ausgezahlt und von der Bundesagentur wiederum dem Arbeitgeber, ggf. einschließlich darauf grundsätzlich abzuführender Sozialversicherungsbeiträge, erstattet.

Dies führt dazu, dass sich der Personalaufwand für die Zeit der Kurzarbeit verringert, wie es maßgeblich finanzwirtschaftliches Ziel der Kurzarbeit ist. Daher kann – insbesondere bei längerer Dauer der Kurzarbeit, etwa bei betriebsindividueller Verlängerung nach Abklingen der Pandemie oder einer sich anschließenden allgemeinen Rezession – im Einzelfall eine relevante Beeinflussung der Lohnsumme eintreten.

Bereits im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 wurde dieses Thema erbschaftsteuerlich adressiert (vgl. z. B. Erlasse FinMin Baden-Württemberg und Bayern, je vom 24.09.2009) und findet sich nun in den Erbschafsteuer-Richtlinien 2019 R E 13a.5 Satz 4. Danach ist zwar klargestellt, dass die Erstattungen der Bundesagentur an den Arbeitgeber die Lohnsumme nicht mindern. Keine eindeutige Aussage seitens der Finanzverwaltung besteht jedoch, ob die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes bzw. in welcher Höhe der damit verbundene Aufwand im Sinne der Lohnsummen-Regelung als Personalaufwand zu erfassen ist.

Handelsrechtlich kann die bilanzrechtliche Erfassung des Kurzarbeitergeldes als durchlaufender Posten, d. h. ohne Abbildung in der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. zum Ausweis von Personalaufwand grundsätzlich § 275 Abs. 2 Nr. 6 HGB), anzusehen seien. So sieht es aktuell – auch für den Einzelabschluss – wieder grundsätzlich das Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) in seinem Hinweis vom 03.04.2020 auf seinen DRSC Anwendungshinweis 3 (IFRS) Tz. 2. Ausnahmsweise kann aus Gründen der Praktikabilität eine Erfassung des ausgezahlten Kurzarbeitergeldes als Personalaufwand erfolgen, wobei dann eine Saldierung mit den Erstattungen der Bundesagentur zu erfolgen hat. Diese bilanzielle Behandlung steht im Gegensatz zur Aussage der Erbschafsteuer-Richtlinien 2019, welche in diesem Zusammenhang auf das Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB abstellt.

Aktuell besteht daher erbschaftsteuerlich zum einen Anlass, Bilanzierung und Ausweis des Kurzarbeitergeldes zu überprüfen. Denn die Finanzverwaltung stellt bei inländischen Gewerbebetrieben zur Vereinfachung im Ausgang auf den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Aufwand für Löhne und Gehälter gem. § 275 Abs. 2 Nr. 6 HGB ab. Zum anderen kann zu überprüfen sein, ob durch eine längerfristige Beibehaltung der Kurzarbeit und die damit verbundene Absenkung des Lohnniveaus möglicherweise die Lohnsumme während der Prüffrist unterschritten wird und dadurch Nachzahlungen von Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer drohen.

Ggf. kann diese Überprüfung dazu führen, dass es erbschaftsteuerlich angezeigt ist, das Kurzarbeitergeld durch Zuzahlungen aufzustocken. Anlass zur Überprüfung besteht insbesondere bei solchen Unternehmen, die bereits vor der Corona-Krise Arbeitsplätze bzw. Lohnsummen-Volumen abgebaut haben bzw. abbauen mussten.

Wünschenswert wäre eine eindeutige Aussage der Finanzverwaltung, wie die derzeitige flächendeckende Kurzarbeit im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Lohnsummen-Kontrolle zu würdigen ist. Vor dem Hintergrund der handelsrechtlich-bilanziellen Behandlung des Kurzarbeitergeldes und kritischer Literaturstimmen bedarf es einer Klarstellung, ob das Kurzarbeitergeld trotz seiner Erstattung durch die Bundesagentur erbschaftsteuerlich (ggf. fiktiv) als Vergütung im Sinne der Lohnsummen-Regelung des § 13a Abs. 3, 7 ErbStG gilt.

Autoren: Tom Kemcke, Martin Schulz, LL.M./LL.B.

 

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