Das LAG Berlin-Brandenburg hat kürzlich das Hausrecht des Online-Versandhändlers Amazon erheblich eingeschränkt. Amazon kann sich nicht auf sein Hausrecht berufen, um Arbeitskämpfe auf seinem Betriebsgelände zu verhindern. Das Unternehmen muss Streikposten auf seinem Firmengelände vorerst dulden.

Aus den Medien ist bekannt, dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) bereits seit vier Jahren versucht, bei Amazon die Geltung der Tarifverträge für den Einzelhandel durchzusetzen. Regelmäßig ruft die Gewerkschaft die Mitarbeiter in den Logistikzentren zur Arbeitsniederlegung auf. Dabei werden Streikposten errichtet, um die arbeitswilligen Mitarbeiter von dem Streikaufruf zu überzeugen. Gegen einen solchen Streikposten, der auf dem betriebseigenen Parkplatz vor dem zentralen Haupteingang des Logistikzentrums errichtet worden war, wandte sich Amazon mit einer Unterlassungsklage.

Keine unzumutbare Beeinträchtigung des Hausrechts

Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg muss Amazon es jedoch hinnehmen, dass sein aus dem Besitzrecht abgeleitetes Hausrecht von der grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaft (vgl. Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz) eingeschränkt wird. Um andere arbeitswillige Arbeitnehmer von dem Streikaufruf zu überzeugen, sei die Gewerkschaft angesichts der örtlichen Verhältnisse darauf angewiesen, den Streikposten auf dem Firmengelände zu errichten. Eine von Amazon vorgeschlagene und als ebenso geeignet angesehene Bushaltestelle, die derzeit nicht angefahren wird und sich außerhalb des Firmengeländes befindet, würde – nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg – keine gleichermaßen effektive Kommunikation mit den arbeitswilligen Mitarbeitern ermöglichen. Das Arbeitsgericht Berlin hatte zuvor Amazon Recht gegeben. Auch das LAG Rheinland-Pfalz hatte zuvor zugunsten von Amazon entschieden. Es wurde die Revision zugelassen.

Was Streikposten dürfen und was nicht

Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist vertretbar. Es handelt sich aber um einen Einzelfall, der auf den wohl besonderen örtlichen Begebenheiten beruht. Grundsätzlich gibt es nach herrschender Auffassung kein Recht auf Streik am Arbeitsplatz. Es ist dem Arbeitgeber grundsätzlich auch nicht zumutbar, den Arbeitnehmern eigene Betriebsmittel für den Arbeitskampf zur Verfügung zu stellen (siehe zum Streikaufruf im Intranet Entscheidung des BAG v. 15.10.2013, Az. 1 ABR 31/12). Streiks und sonstige Maßnahmen des Arbeitskampfes sind stets am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Ein Streikposten darf nicht über gütliches Zureden und den Appell an die Solidarität mit den Streikenden hinausgehen. Unzulässig ist es insbesondere, den Zu- und Abgang von Waren und Kunden zu verhindern und arbeitswillige Arbeitnehmer am Betreten des Betriebs zu behindern. Die Gewerkschaft, die zum Arbeitskampf aufruft, muss das Verhalten der streikenden Arbeitnehmer beobachten und ggf. auf sie über den Streikleiter einwirken, damit die Grenzen des Streikaufrufs nicht überschreiten werden.

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