Mit seinem Urteil vom 18. November 2015 (Az.: VIII ZR 266/14) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung (zuletzt Senatsurteil vom 8. Juli 2009, Az.: VIII ZR 205/09), nach der sich der Vermieter an eine im Mietvertrag zu niedrige Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die Abweichung nicht mehr als zehn Prozent beträgt, aufgegeben. Maßgeblich für den nach § 558 BGB vorzunehmenden Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete ist allein die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung.
Sollte der Vermieter nachträglich feststellen, dass die im Mietvertrag angegebene Fläche zu niedrig ist, darf er sich jedoch nicht zu früh freuen:
Die Kappungsgrenze gemäß § 558 Abs. 3 BGB ist zu beachten!
Zwar kommt es im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. Nach der Vorstellung des Bundesgerichtshofes soll § 558 BGB es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich ist allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen im Mietvertrag über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren unbeachtlich sind, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt. Allerdings kommt auch in den Fällen, in denen sich nachträglich herausstellt, dass die tatsächliche Wohnfläche über der bis dahin von den Mietvertragsparteien angenommenen oder vereinbarten Wohnfläche liegt, die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB zur Anwendung, zu deren Bemessung die zu Beginn des Vergleichszeitraums geltende Ausgangsmiete der ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüber zu stellen ist. Hierbei bestimmt sich die Ausgangsmiete nicht danach, wie sie wegen der abweichenden tatsächlichen Fläche fiktiv hätte gebildet werden können; maßgeblich ist allein der tatsächlich geltende Betrag.
Eine zunächst besonders günstige Miete zugunsten des Mieters bei Bestimmung der Kappungsgrenze ist mithin zu berücksichtigen.
Praxistipp
Lassen Sie vor der Vermietung einer Wohnung die Wohnfläche ermitteln. Neben der Berücksichtigung der wirklichen Wohnungsgröße im Rahmen der allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften besteht keine weitere Möglichkeit der einseitigen Mietanpassung, insbesondere nicht über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, denn Sie als Vermieter tragen das Risiko, dass die tatsächliche Wohnfläche richtig ermittelt ist.
Von der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes profitiert also der Vermieter, der nach alter Rechtsprechung eine Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht verlangen könnte, weil er für die im Mietvertrag zu niedrig vereinbarte Wohnfläche bereits die ortsübliche Vergleichsmiete erhält, nunmehr auf der Grundlage der tatsächlichen Wohnfläche die Miete jedoch unter Beachtung der Kappungsgrenze erhöhen kann.
Autorin: Kathrin Albrecht