Der Urlaubsanspruch entsteht unabhängig von der Arbeitsleistung. Das ist ein seit langem anerkannter, dennoch vielfach vergessener Grundsatz des Urlaubsrechts, der auch bei Elternzeit gilt. Rechtzeitig, kurz vor Jahresende gibt eine kürzlich veröffentliche Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern Gelegenheit, die Besonderheiten von Urlaubsansprüchen bei Elternzeit und die Gestaltungsmöglichkeiten nochmals in Erinnerung zu rufen…
Übertragung von Urlaubsansprüchen bei Elternzeit
In der Regel hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit noch nicht den gesamten Urlaubsanspruch des laufenden Jahres erhalten. Damit der restliche Urlaubsanspruch am Ende des Übertragungszeitraums (regelmäßig der 31. März, vgl. § 7 Abs. 3 BUrlG) nicht verfällt, sieht § 17 Abs. 2 BEEG eine gesetzliche Übertragung des Resturlaubsanspruchs vor. Der Resturlaub ist nach dem Ende der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Für die Übertragung des Resturlaubs ist kein Antrag erforderlich.
Übertragen wird jedoch nur der restliche Urlaubsanspruch, der zu Beginn der Elternzeit noch besteht und bis zum Ende der für ihn bestehenden Befristung hätte gewährt werden können. Beginnt die Elternzeit beispielsweise am 26.03.2018 wird Resturlaub aus 2017 nur in dem Umfang der bis zum 31.03. noch bestehenden Arbeitstage übertragen (vgl. BAG v. 01.10.1991 – 9 AZR 365/90). Es wird nur der Urlaub übertragen, der wegen der Elternzeit nicht genommen werden konnte.
Anspruchskürzung um 1/12 wegen der Elternzeit
In dem jüngeren Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 16.06.2017 – 4 Sa 7/17 war die Arbeitnehmerin vom 16.05.2013 bis zum 29.06.2014 in Mutterschutz und Elternzeit. Sie kündigte ihr Arbeitsverhältnis zum 15.09.2015 und verlangte für 2013, 2014 und 2015 Urlaubsabgeltung. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern gab ihr recht.
Wegen § 17 Abs. 2 BEEG konnte sie auch im Jahr 2015 noch die Abgeltung des Resturlaubs 2013 verlangen. Eine Kürzung des Urlaubsanspruchs um die Dauer der Elternzeit war – entgegen der Auffassung des Arbeitgebers – nicht vorzunehmen. Gemäß § 17 Abs. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen, es sei denn, der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin hat während der Elternzeit in Teilzeit gearbeitet. Die Kürzungsmöglichkeit ist ein Gestaltungsrecht. Der Arbeitgeber kann auf die Kürzung verzichten. Will er von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen, muss er das Gestaltungsrecht durch eine – empfangsbedürftige – Willenserklärung ausüben. Die Kürzung findet nicht automatisch von Gesetzes wegen statt. Aus Nachweisgründen ist daher zu empfehlen, sich den Erhalt der Kürzungserklärung, die beispielsweise in der Bestätigung über die Dauer der Elternzeit enthalten sein könnte, quittieren zu lassen.
Zeitpunkt der Kürzungserklärung und Verrechnungsmöglichkeit
Zu beachten ist, dass die Kürzung spätestens vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt werden muss. Die Kürzung des Urlaubsanspruchs kann vor, während oder nach dem Ende der Elternzeit erklärt werden, jedoch nicht bevor der Arbeitnehmer erklärt hat, Elternzeit nehmen zu wollen. Die Kürzung kann um ein Zwölftel nur für jeden vollen Kalendermonat einer Elternzeit erfolgen. Hat der Arbeitnehmer vor Antritt der Elternzeit mehr Urlaub erhalten, als ihm nach der Ausübung des Kürzungsrechts für das Urlaubsjahr zustünde, kann der realisierte Urlaub zwar nicht mehr gekürzt werden. Hier erlaubt § 17 Abs. 4 BEEG dem Arbeitgeber aber, den nach dem Ende der Elternzeit noch zustehenden Urlaub um die zu viel gewährten Urlaubstage zu kürzen.
Unter Mitarbeit von Aileena Müller.
Weiterführende Links: