Ein „Facebook“-Nutzer hat keinen Anspruch darauf, in diesem sozialen Netzwerk unter einem Pseudonym auftreten zu können. Denn es ist anzunehmen, dass die sog. Klarnamenpolitik von Facebook sozialschädlichem Verhalten im Internet entgegenwirkt, hat das OLG München jüngst entscheiden (Urteil vom 08.12.2020 - 18 U 2822/19).
Sachverhalt
Der Kläger ist Nutzer des sozialen Netzwerkes „Facebook“ das von der Beklagten, einer Gesellschaft irischen Rechtes, in der Europäischen Union betrieben wird. Im März 2018 forderte die Beklagte den Kläger auf, seinen Namen innerhalb der nächsten 7 Tage zu überprüfen. Nachdem der Kläger von der Beklagten zunächst gesperrt wurde, änderte er seinen Profilnamen, woraufhin die Sperre am selben Tage aufgehoben wurde. Der Kläger verlangt von der Beklagten, dass sie die sogenannte Klarnamenpflicht aus ihren Nutzungsbedingungen nicht auf ihn anwende und die Verwendung eines pseudonymisierten Profilnamens zulasse. Die Beklagte lehnt dies ab. Das Landgericht Traunstein wies die Klage in I. Instanz mit Urteil vom 2. Mai 2019 (Az.: 8 O 3510/18) ab.
Entscheidung des OLG München
Die Berufung des Klägers vor dem OLG München hat keinen Erfolg. Zwar schreibe § 13 Abs. 6 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) vor, dass ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien u anonym oder unter Pseudonym ermöglichen muss, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Daraus folge jedoch nicht, dass die Nutzungsbedingungen der Beklagten, die eine Klarnamenpflicht enthalten, als unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit als unwirksam zu werten seien. Denn § 13 Abs. 6 TMG sei im Lichte der EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) unionsrechtskonform auszulegen:
Ihrem Wesen nach handele es sich bei der Vorschrift des § 13 Abs. 6 TMG um eine datenschutzrechtliche Regelung. Diese Regelung stehe insoweit in einem Widerspruch zu den Vorschriften der DS-GVO, als Letztere einer Verpflichtung von Anbietern von Telemediendiensten zur anonymen bzw. pseudonymen Nutzung ihrer Dienste nicht enthält. Wie sich der Gesetzgebungshistorie entnehmen lasse, habe der europäische Gesetzgeber bewusst auf die Aufnahme einer solchen Regelung in die DS-GVO verzichtet – u. a. entgegen den Vorschlägen der deutschen Delegation.
Die Vorschrift § 13 Abs. 6 Satz 1TMG sei daher unionsrechtskonform auszulegen – und zwar dahingehend, dass es darauf ankomme, ob die Nutzung anonym oder unter einem Pseudonym zu ermöglichen dem Diensteanbieter zumutbar sei. Die Zumutbarkeit sei im Rahmen einer auf den konkreten Fall bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermitteln, bei der das Interesse des Anbieters mit dem Recht des Nutzers auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen sei. Diese Abwägung falle hier zugunsten der Beklagten aus:
Angesichts der zunehmenden sozialschädlichen Auswüchse im Internet (Cybermobbing, Belästigung, Beleidigung und Hassrede) habe die Beklagte ein legitimes Interesse daran, bereits präventiv auf ihre Nutzer einzuwirken. Die Verpflichtung zur Verwendung des wahren Namens sei grundsätzlich geeignet, Nutzer von einem rechtswidrigen Verhalten im Internet abzuhalten. Bei der Verwendung eines Pseudonyms liege die Hemmschwelle nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich niedriger. Die von der Beklagten gewählte Regelung sei daher nicht einseitig benachteiligend und deshalb wirksam.
Da es insoweit an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt, ließ das OLG München die Revision zum BGH zu.