Im ersten Teil dieser Blogreihe haben wir aufgezeigt, dass alle Arten von Kündigungen von Arbeitsverhältnissen grundsätzlich auch ausgesprochen werden können, wenn sich ein Betrieb oder eine Betriebsabteilung während der COVID 19-Pandemie in Kurzarbeit befindet. Welche Auswirkungen auf den Bezug von Kurzarbeitergeld (KuG) solche weitergehenden Personalabbaumaßnahmen haben, beantworten wir hier. Mehr zum Thema Einstellungen trotz Kurzarbeit erfahren Sie dann in Teil 3 dieser Blog-Reihe.
Kann für Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist noch KuG bezogen werden?
Nein. Der KuG-Anspruch besteht nur, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zu diesen gehören auch die persönlichen Voraussetzungen. Eine wesentliche persönliche Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Bei betriebsbedingten Kündigungen fehlt es spätestens mit Fassen einer unternehmerischen Organisationsentscheidung, die zum Abbau von Arbeitsplätzen führt, im Übrigen auch an einem erheblichen Arbeitsausfall, der weitere Voraussetzung für den Anspruch auf KuG ist. Ein erheblicher Arbeitsausfall i.S.d. § 96 SGB III muss u. a. vorübergehend sein. Besteht aber eine Prognose für einen dauerhaften Wegfall der Arbeitstätigkeit, ist der Arbeitsausfall nicht mehr vorübergehend. Unklar ist, ab welchem Zeitpunkt der Anspruch auf KuG entfällt. Die fachlichen Weisungen zum KuG (Stand: 20.12.2018) stellen auf den Zeitpunkt der konkreten Umsetzungsschritte, z. B. dem Ausspruch von Kündigungen oder den Abschluss eines Interessenausgleichs ab (Rn. 96.22) und sehen konkrete Vorgaben zur Berechnung des Zeitpunkts vor (Rn. 98.7). Tatsächlich manifestiert sich die Dauerhaftigkeit des Arbeitsausfalls aber bereits mit Beschlussfassung über eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung. Zu beachten ist, dass der Anspruch auf KuG für die verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses auch im Fall der Eigenkündigung entfällt.
Ist bereits bezogenes KuG zurückzuzahlen?
Bereits bezogenes KuG muss nicht zurückgezahlt werden für Zeiträume, während derer die Voraussetzungen nach §§ 95 ff SGB III noch vorlagen. Rechtfertigten die objektiven Tatsachen bis zur Beschlussfassung über den Abbau von Arbeitsplätzen die Annahme, das reduzierte Arbeitsvolumen sei nur vorübergehend und nach Ende des Kurzarbeitszeitraums werde der Beschäftigungsbedarf wieder dem vor Beginn der Kurzarbeit entsprechen, besteht der KuG-Anspruch bis zu diesem Zeitpunkt. Wird hingegen evident, dass die anfängliche Prognose zu optimistisch war und der Arbeitsausfall sich nunmehr vollständig oder in Teilen als dauerhaft darstellt, sind bereits ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Bezug von KuG nicht mehr erfüllt. Verschleppt der Arbeitgeber die Entscheidung über den Abbau von Arbeitsplätzen, um den KuG-Bezug zu verlängern, haftet er für die zu viel bezogenen Beträge und hat diese zu ersetzen (§ 108 Abs. 3 SGB III). Des Weiteren kann er sich bei Vorsatz des Betrugs strafbar machen.
Entfällt der KuG Anspruch für die gesamte Belegschaft?
Dies ist nicht der Fall, wenn sich der Arbeitsausfall der verbleibenden Arbeitnehmer weiterhin als vorübergehend i.S.d. § 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III darstellt. Bei der gesetzlichen Vorgabe, dass der Arbeitnehmer, für den KuG beantragt wird, sich in einem ungekündigten und nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis befinden muss, handelt es sich um eine persönliche Voraussetzung (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Der Wegfall einer persönlichen Voraussetzung betrifft den Anspruch anderer Arbeitnehmer desselben Betriebs oder sogar derselben Betriebsabteilung nicht.
Autoren: Dr. Patrizia Chwalisz , Yannick Maaß
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