Über den Umgang mit Kulturgütern kolonialer Herkunft wird seit einiger Zeit intensiv diskutiert. Die „Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland“, die im Rahmen einer dreijährigen Pilotphase kürzlich eingerichtet worden ist, soll die Rückgabe entsprechender Kulturgüter an die Herkunftsstaaten vereinfachen. Die Kontaktstelle ist als erste Anlaufstelle für alle Fragen zu Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland gedacht.

Die Einrichtung in Trägerschaft der Kulturstiftung der Länder richtet sich primär an Personen und Institutionen aus den Herkunftsstaaten und -gesellschaften und soll diesen Zugang zu Informationen zu den relevanten Sammlungsbeständen und den verwahrenden Einrichtungen in Deutschland eröffnen. Die Kontaktstelle hat außerdem die Vernetzung der beteiligten Akteure zum Ziel und leitet auch konkrete Rückgabeersuchen aus Herkunftsstaaten an die betroffenen Institutionen in Deutschland weiter. Übergeordnet soll sie den Dialog mit den Herkunftsgesellschaften über den Umgang mit Kolonialgütern und eine Aufarbeitung der Kolonialgeschichte fördern.

Die Anzahl von Kulturgütern aus kolonialem Kontext ist auch in deutschen Sammlungsbeständen erheblich. Ob und in welchen Fällen solche Kulturgüter zurückgegeben werden sollten, wird wie erwähnt intensiv diskutiert (vgl. dazu Bullinger/Terker, NJW 2019, 731). Wie die §§ 50 ff. des Kulturgutschutzgesetzes (KGSG) zeigen, sind in bestimmten Fällen Rückgabeansprüche über Kulturgut aus anderen Staaten gesetzlich normiert. Da der Anwendungsbereich der entsprechenden Rückgabeansprüche eingeschränkt ist, greifen diese aber für Kulturgüter aus kolonialen Kontexten regelmäßig nicht ein (vgl. Bullinger/Terker, NJW 2019, 731, 733).

Es kommt daher weiterhin auf den Umgang der jeweiligen verwahrenden Institutionen und der Sammler*innen mit den betroffenen Kulturgütern an. Viele Kulturinstitutionen (auch international) haben sich Richtlinien und Empfehlungen für einen sensiblen Umgang mit aus dem Ausland stammenden Kulturgütern gegeben. Die Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien, die Staatsministerin im Auswärtigen Amt für internationale Kulturpolitik, die Kulturminister*innen der Länder und die kommunalen Spitzenverbände haben sich im März 2019 auf "Erste Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten" verständigt. Die Einrichtung der Kontaktstelle erfolgt in Umsetzung dieser Eckpunkte, die künftig konkretisiert und fortentwickelt werden sollen.

Im Lichte der aktuellen Diskussion sollten sowohl Institutionen als auch private Sammler*innen die Provenienz ihrer Bestände prüfen (was vielfach auch bereits passiert) und unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls auch eine Rückgabe erwägen. Aus praktischer Sicht kann die neue Kontaktstelle dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Neben einer Rückgabe können bei entsprechendem Einverständnis der Beteiligten auch alternative Lösungswege denkbar ein, wie etwa die förmliche Anerkennung des Eigentums des Herkunftsstaates bei gleichzeitigem (leihweisen) Verbleib des Kulturguts beim gegenwärtigen Besitzer.

Unter Mitarbeit von Lena Hauschild.

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