Gemäß § 167 ZPO kann es zur Wahrung einer Frist grundsätzlich ausreichen, wenn ein Anspruchsschreiben vor Ablauf der Frist bei Gericht eingeht und die Zustellung an den Anspruchsgegner "demnächst" erfolgt. Das Bundesarbeitsgericht musste sich nunmehr mit der Frage beschäftigen, ob diese Norm auf eine tarifliche Ausschlussfrist Anwendung findet, innerhalb derer Ansprüche gegen den Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden müssen (siehe Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 16.03.2016 - 4 AZR 421/15).
Sachverhalt
Der Kläger begehrte von seinem Arbeitgeber eine Entgeltdifferenz für den Monat Juni 2013. Diesen Anspruch machte er erstmals mit seiner am 18.12.2013 bei Gericht eingegangenen Klage geltend. Dem Arbeitgeber wurde die Klage am 07.01.2014 zugestellt. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag galt für beide Parteien eine Ausschlussfrist von sechs Monaten, welche im konkreten Fall am 30.12.2013 ablief. Der Kläger war der Ansicht, er habe die Frist durch den früheren Eingang seiner Klage bei Gericht gewahrt, da die Zustellung an den Arbeitgeber demnächst erfolgte. § 167 ZPO sei auch auf die tarifliche Ausschlussfrist anwendbar. Der Arbeitgeber hielt den Anspruch des Klägers hingegen für ausgeschlossen, da er ihm gegenüber erst nach Ablauf der Ausschlussfrist geltend gemacht worden war. Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt.
Anspruch wegen Ablaufs der Ausschlussfrist verfallen
Auf die Revision hob das BAG die Vorentscheidungen auf und wies die Zahlungsklage des Arbeitnehmers ab. Ein etwaiger Anspruch des Klägers ist nach Auffassung des BAG verfallen, da dieser ihn nicht innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht hat. § 167 ZPO, nach dem in bestimmten Fällen eine Frist bereits durch Eingang einer Erklärung bei Gericht gewahrt werden kann, findet auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, keine Anwendung. Das BAG nimmt dabei auf seine langjährige Rechtsprechung Bezug, nach der sich ein Gläubiger einer Forderung eine Verzögerung, welche durch eine - in der Sache nicht zwingend erforderliche - Inanspruchnahme des Gerichts entsteht, selbst zurechnen lassen muss. Die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Arbeitgeber durch Klage, die vor Fristablauf eingereicht, aber erst danach zugestellt wird, ist verspätet und der Anspruch verfallen. Weiterführende Links: siehe Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 16.03.2016 - 4 AZR 421/15
Autoren: Jan-Marcus Rossa, Merle Techritz