Der Koalitionsausschuss hat sich am 3.6.2020 auf ein Konjunkturpaket verständigt, das u. a. eine Mehrwertsteuersenkung in Form einer temporären Senkung der Umsatzsteuersätze für das 2. Halbjahr 2020 vorsieht.

Status quo – wie verbindlich ist diese Steuersatzsenkung? Was gilt es zu beachten? Was gilt es zu veranlassen? – Erste Einschätzungen

Problemstellung
Die bisherigen Verlautbarungen zur Senkung der Umsatzsteuersätze basieren auf den Beschlüssen der Koalitionsspitzen, die am 3. Juni 2020 in einer Pressekonferenz präsentiert und in einem Eckpunktepapier zusammengefasst wurden.

Geplant ist hiernach, dass für das zweite Halbjahr 2020 die in Deutschland geltenden Umsatzsteuersätze wie folgt gesenkt werden

  • Regelsteuersatz von 19 % auf 16 %
  • Ermäßigter Steuersatz von 7 % auf 5 %

Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren ist bislang (Stand: 4.6.2020) noch nicht eingeleitet worden.

Dennoch ist aufgrund der öffentlichkeitswirksamen Bekanntmachung davon auszugehen, dass zeitnah auch die rechtlichen Grundlagen in Form entsprechender Gesetzesänderungen nachvollzogen werden.

Bislang gilt aber: Die Steuersatzsenkung ist noch nicht verbindlich.

Was gilt es zu beachten bzw. zu veranlassen?
Aufgrund der kurzfristig angestrebten Wirkung der Steuersatzsenkungen bereits ab dem 1.7.2020 bleibt indes wenig Zeit, sich auf die geplanten Änderungen einzustellen. Daher dürfte es zu empfehlen sein, sich möglichst zeitnah mit den konkreten umsatzsteuerlichen Fragestellungen der Steuersatzänderungen zu befassen. Nach unserer ersten Einschätzung könnten hierbei insbesondere folgende Aspekte relevant sein: 

  • Anpassung der EDV (insbesondere der Buchführungs- und Kassensysteme mit hinterlegten Steuerschlüsseln) zeitlich genau auf den 1.7.2020
  • Zeitliche Abgrenzung der Umsätze, die von der Steuersatzsenkung erfasst sind. Hierbei dürfte es entscheidend darauf ankommen, wann genau die Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinne als bewirkt anzusehen sind, d. h. wann die Umsatzsteuer entsteht. Dies ist in der Regel der Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung erbracht wird, d. h.
    • bei Lieferungen mit der Verschaffen der Verfügungsmacht am Liefergegenstand und
    • bei sonstigen Leistungen mit dem Durchführen der sonstigen Leistung.
  • Eine etwaig zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach § 14c UStG geschuldet, ohne dass ein Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger hinsichtlich des zu hoch ausgewiesenen Betrages bestünde.
  • Der Vorsteuerabzug bezieht sich stets auf die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer, d. h. auf die Prüfung von Eingangsrechnungen und die dortige zutreffende Anwendung der Steuersätze dürfte in besonderem Maße zu achten sein.
  • Der Umgang mit Verträgen, die als Dauerrechnung dienen, wäre zu prüfen. Soweit sich diese nicht auf den Umsatzsteuersatz „in der jeweils gesetzlich geschuldeten Höhe“ beziehen, sondern starre Steuersätze benennen, besteht ggf. Anpassungsbedarf.  
  • Der Umgang mit Gutscheinen müsste geklärt werden, wenn diese zu einem abweichenden Steuersatz ausgegeben worden sind.      
  • Der Abgrenzung von Teilleistungen zu ratierlichen Zahlungen kommt eine erhöhte Bedeutung zu. 
  • Für Rechnungskorrekturen bleiben die im Leistungszeitpunkt geltenden Steuersätze relevant.

Praxishinweis
Die vorstehenden Aspekte sind als erste Überlegungen zu verstehen, verdeutlichen aber, dass die geplante Steuersatzsenkung in der Umsatzsteuer eine Vielzahl von Fragen aufwerfen kann. Aufgrund der Kürze der Zeit bis zum Umsetzungszeitpunkt sollten die für das Unternehmen jeweils wesentlichen Bereiche analysiert und praxistaugliche Lösungen erarbeitet werden.  

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