Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 28.07.2020 die Rechte des Betriebsrats nach dem Entgelttransparenzgesetz konkretisiert. Danach besteht das Einsichts- und Auswertungsrecht des Betriebsausschusses gem. § 13 Abs. 3 EntgTranspG hinsichtlich der Brutto-Entgeltlisten nicht, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung des individuellen Auskunftsanspruchs übernommen hat.
Rechte des Betriebsrats nach EntgTranspG
Nach der Grundkonzeption des Entgelttransparenzgesetzes sollen die Arbeitnehmer sich an den Betriebsrat wenden, wenn sie das sog. Vergleichsentgelt in Erfahrung bringen wollen. Der Betriebsrat hat sodann den Auskunftsanspruch form- und fristgerecht zu beantworten. Er muss eigenständig die Vergleichstätigkeit und das Vergleichsentgelt ermitteln (vgl. §§ 14, 15 EntgTranspG). Hierfür muss der Arbeitgeber eine aufbereitete und nach Tätigkeit sowie Geschlecht aufgeschlüsselte Brutto-Entgeltliste vorlegen, in der alle Entgeltbestandteile, Zulagen, Boni und auch Sachleistungen enthalten sind (vgl. § 13 Abs. 3 EntgTranspG).
Einsichts-/Auswertungsrecht korrespondiert mit Aufgabenstellung
Der Arbeitgeber kann die Erfüllung der Auskunftspflicht generell oder in bestimmten Fällen übernehmen, wenn er dies zuvor gegenüber dem Betriebsrat erläutert hat. Umstritten war, ob der Betriebsrat dann weiterhin Einsicht in aufbereitete und aufgeschlüsselte Entgeltlisten verlangen kann. Die Betriebsratsvertreter befürworteten dies. Aus systematischen Gründen und wegen der beabsichtigten Stärkung der Arbeitnehmerrechte sei der Betriebsrat immer gem. § 13 Abs. 3 EntgTranspG berechtigt, Einsicht in aufbereitete und aufgeschlüsselte Entgeltlisten nehmen zu können.
Dieser Auffassung erteilte das BAG nunmehr eine Absage. Das Einsichts- und Auswertungsrecht korrespondiert mit der vom Entgelttransparenzgesetz dem Betriebsrat zugewiesenen Aufgabe, den individuellen Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer zu beantworten. Besteht diese Aufgabe nicht, weil der Arbeitgeber sie an sich gezogen hat, entfällt auch dieses spezialgesetzliche Einsichts- und Auswertungsrecht des Betriebsrats. Es verbleibt dann nur das allgemeine Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Zu beachten ist insoweit, dass die Erfüllung des individuellen Auskunftsanspruchs vom Arbeitgeber maximal für die Dauer der Amtszeit des jeweils amtierenden Betriebsrats an sich gezogen werden kann, also nach der nächsten Betriebsratswahl dem neuen Betriebsrat wieder mitgeteilt werden sollte, ob generell oder in welchen Fällen der Arbeitgeber die Auskunftsverpflichtung übernimmt.
Ausweitung des EntgTranspG auf arbeitnehmerähnliche Personen
Das BAG konnte zwischenzeitlich auch den Streit klären, welche Personen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer i.S.d. EntgTranspG sind. Geklagte hatte eine langjährig ausschließlich für das ZDF als „Redakteurin mit besonderer Verantwortung“ tätige freie Mitarbeiterin. Das BAG entschied, dass es auf den europäischen Arbeitnehmerbegriff ankommt. Daher können auch arbeitnehmerähnliche Personen den individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Zu diesen Personen zählen Fremdgeschäftsführer einer GmbH, wobei diese Personengruppe die weiteren Anspruchsvoraussetzungen des individuellen Auskunftsanspruchs i.d.R. nicht erfüllen wird. Ob die ZDF-Redakteurin als freie Mitarbeiterin auch zu dem Kreis der anspruchsberechtigten Personen zählt, muss mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellung erneut das Landesarbeitsgericht entscheiden.
Weiterführende Links:
- Pressemitteilung Nr. 24/20 v. 28.07.2020, 1 ABR 6/19 zum Einsichts- und Auswertungsrecht des Betriebsrats
- Pressemitteilung Nr. 17/20 v. 25.06.2020, 8 AZR 145/19 zum individuellen Auskunftsanspruch bei arbeitnehmerähnlichen Personen
- Erste Auslegungsfragen zum Entgelttransparenzgesetz durch FAB beantwortet
- Der Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz – Ein stumpfes Schwert?
Unter Mitarbeit von Luca Borowski