Mit Urteil vom 22.11.2018 hat der BFH entgegen der Vorinstanz (FG Mecklenburg v. 18.05.2017) entschieden, dass auch Kunstsammlungen mit vergänglichen Ausstellungsstücken, die eigens für die Ausstellung zusammengestellt wurden, von der steuersatzbegünstigten Eintrittsberechtigung für Museen in § 12 Nr. 7 Buchst. a) UStG erfasst sind.

Sachverhalt
Während der Wintermonate führt der Kläger alljährlich eine Ausstellung durch, in deren Rahmen Eisskulpturen von nationalen und internationalen Künstlern gegen Eintrittsgeld präsentiert werden. Die Eisskulpturen werden nach einem vom Kläger vorgegebenen Thema extra für die Ausstellung angefertigt und im weiteren Verlauf witterungsbedingt zerstört. Tafeln an den ausgestellten Skulpturen informieren über die Vita und das bisherige Schaffen der Künstler. Der Kläger begehrte für die Eintrittsberechtigung zu den Ausstellungen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % gem. § 12 Nr. 7 Buchst. a) UStG. Sowohl das beklagte Finanzamt als auch die Vorinstanz vertraten hingegen die Auffassung, dass die Ausstellungen nicht dem Museumsbegriff genügten und daher der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden sei.

Definition des Museums...
Dieser Rechtsauffassung ist der BFH nicht gefolgt. § 12 Nr. 7 Buchst. a) UStG, der die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Eintrittsberechtigung für Museen regelt, definiert den Museumsbegriff selbst nicht. Eine Definition des Museumsbegriffs ergibt sich aber aus § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG. Diese Vorschrift regelt die Umsatzsteuerfreiheit sämtlicher Umsätze (nicht nur Eintrittsberechtigungen) von Museen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder vergleichbarer Einrichtungen anderer Unternehmer, die damit ebenfalls kulturelle Aufgaben erfüllen. Nach dem Satz 4 ist ein Museum im Sinne dieser Vorschrift eine wissenschaftliche Sammlung oder eine Kunstsammlung.

…als Kunstsammlung…
Eine Kunstsammlung in diesem Sinne ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammengetragenen Kunstgegenständen und setzt zunächst voraus, dass die Gegenstände „Kunst“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG sind. Bildhauerarbeiten aus Eis können als höchstpersönliche Schöpfungen Kunst sein, da die Vergänglichkeit der Objekte den Kunstcharakter nicht in Frage stellt.

Zudem muss es sich um eine Sammlung handeln. Die für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG geforderte Verfestigung im Sinne einer auf Dauer angelegten Tätigkeit ist für die Steuersatzermäßigung nach Auffassung des BFH nicht erforderlich. Im Rahmen der Steuersatzermäßigung für Eintrittsberechtigungen zu Museen sei vielmehr ein weites Verständnis des Begriffs der Kunstsammlung zugrunde zu legen. Die Kunstsammlungen können auch eigens für eine Ausstellung zusammengestellt werden. Lediglich Ausstellungen, die nicht kulturellen oder bildenden Zwecken dienen (z. B. Ausstellungen zu Verkaufszwecken), kön-nen weder nach § 4 noch nach § 12 UStG begünstigt sein. Im Normverhältnis der §§ 4 und 12 UStG kann ein Museum, das die höheren tatbestandlichen Anforderungen für eine weitgehende Steuerfreiheit nicht erfüllt, zumindest hinsichtlich der Eintrittsberechtigungen steuer-satzermäßigt nach § 12 Nr. 7 Buchst. a) UStG sein.  

…aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers
Aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers kommt es nämlich nicht darauf an, ob Gegenstand der Ausstellung eine bereits bestehende Kunstsammlung ist oder die Kunstsammlung eigens für die Ausstellung zusammengestellt wurde. Unerheblich sind aus dieser Sicht auch die Vergänglichkeit der Kunstobjekte selbst sowie die Dauerhaftigkeit der Ausstellung.

Der Revision war daher stattzugeben und der ermäßigte Steuersatz auf die Eintrittsgelder für die Eisskulpturenausstellungen anzuwenden.

Die Entscheidung könnte über den entschiedenen Einzelfall hinaus auch für Wanderausstellungen oder Performance-Kunst-Darbietungen von Bedeutung sein, die nacheinander an unterschiedlichen Ausstellungsorten gegen Eintrittsgeld zugänglich sind, sofern der wissenschaftliche oder künstlerische Charakter der Ausstellungen im Vordergrund steht.

Autoren: Dr. Julia Runte, LL.M., Nadine John von Zydowitz

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