Während der Probezeit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auch mit einer längeren Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen, um dem Arbeitnehmer eine zweite Chance zur Bewährung zu geben.

Während einer vereinbarten Probezeit von längstens sechs Monaten kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einer kurzen Frist von nur zwei Wochen kündigen (vgl. § 622 Abs. 2 BGB). Das hindert den Arbeitgeber nicht, die Kündigung auch mit einer deutlich längeren Frist zu kündigen und dem Arbeitnehmer in Aussicht zu stellen, über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu sprechen, sollte er sich während dieser weiteren Probezeit bewähren. Dies bestätigte kürzlich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit seiner Entscheidung vom 06.05.2015 (Az. 4 Sa 94/14). Die Grenzen des Rechtsmissbrauchs werden erst überschritten, wenn die Kündigung kurz vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit erklärt wird, nur um den Erwerb des allgemeinen Kündigungsschutzes zu vereiteln.
 
Verbindliche Wiedereinstellungszusage nicht notwendig


Entscheidender Vorteil einer sechsmonatigen Probezeit für den Arbeitgeber ist weniger die kürzere Kündigungsfrist als vielmehr, dass der sog. allgemeine Kündigungsschutz des § 1 Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) noch nicht gilt und der Arbeitgeber daher ohne sozialen Rechtfertigungsgrund kündigen darf. Außer in den Fällen des Kleinbetriebs mit nicht mehr als 10 Arbeitnehmern (vgl. § 23 KSchG), muss die Arbeitgeberkündigung wegen personenbedingter, verhaltensbedingter oder dringender betrieblicher Gründe sozial gerechtfertigt sein, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat (sog. Wartefrist). Bis zum Ablauf der Wartezeit besteht für den Arbeitgeber Kündigungsfreiheit.

Ergibt sich aber bei der Verlängerung der Probezeit aus den Umständen des Einzelfalls, dass sich der Arbeitgeber (zumindest vorerst) eigentlich gar nicht von dem Arbeitnehmer trennen will, sondern nur den Eintritt des Kündigungsschutzes verhindern will, kann er sich auf diese Kündigungsfreiheit nicht berufen. Zur Manifestierung der Beendigungsabsicht muss die schriftliche Kündigung dem Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartefrist zugestellt werden. Dabei reicht es nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich eine Wiedereinstellungschance in Aussicht stellt. Der Arbeitgeber muss nicht verbindlich die Wiedereinstellung bei Erreichen bestimmter Ziele zusagen. Es sollte jedoch ggf. im Kündigungsschreiben klargestellt werden, dass gerade die verlängerte Kündigungsfrist eine zweite Chance zur Bewährung geben soll.

Urlaubsfreistellung möglich bei Probezeitkündigung

Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer auch während der verlängerten Kündigungsfrist zum Zwecke der Urlaubserteilung für eine bestimmte Dauer unwiderruflich freistellen. Die Freistellung steht der zweiten Bewährungschance nicht entgegen. Allerdings erwirbt der Arbeitnehmer im Fall der zweiten Bewährungschance zumindest den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch, nämlich sobald das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat.

Siehe auch: "Entscheidung des LAG Baden-Württemberg", "Kündigungsschutz nach dem AGG in der Probezeit", "Kündigungsschutz im Kleinbetrieb"

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