Häufig wechseln Arbeitnehmer von Voll- in Teilzeit oder umgekehrt. Sofern sich dabei die Anzahl der Arbeitstage ändert, gelten für die Berechnung des Urlaubsanspruchs sowie des Urlaubsentgelts aufgrund aktueller Rechtsprechung besondere Vorgaben (BAG v. 20.03.2018 – 9 AZR 486/17). Eine fehlende vorausschauende Planung könnte dabei zu einem Urlaubsanspruch von über vier Monaten führen.

Frühere Rechtsprechung: Erholungsgleichheit
Nimmt man einmal an, dass ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr hat, so entspricht dies bei einer Vollzeittätigkeit in einer Fünf-Tage-Woche einem Fernbleiben vom Betrieb für insgesamt sechs Wochen. Nach der ersten Jahreshälfte reduziert der Arbeitnehmer nun seine Arbeitszeit von fünf auf drei Werktage in der Woche. Die frühere Rechtsprechung sah für diesen Fall vor, dass der jährliche Urlaubsanspruch, der am 01.01. entsteht, für das gesamte Jahr neu berechnet werden muss. Im Ergebnis sollte der Teilzeitarbeitnehmer die gleiche Erholungsdauer wie der Vollzeitarbeitnehmer erhalten. Hat der Arbeitnehmer im Beispiel in der ersten Jahreshälfte noch keinen Urlaub genommen, so ergab sich nach früherer Rechtsprechung ein Urlaubsanspruch von insgesamt 18 Tagen in der zweiten Jahreshälfte, sodass der Arbeitnehmer dem Betrieb insgesamt sechs Wochen fernbleiben konnte.

Neue Rechtsprechung: Entgeltgleichheit
Nach der neuen Rechtsprechung steht die „Urlaubsentgeltgleichheit“ im Vordergrund. Die geldwerten Urlaubstage werden durch die Arbeitsleistung verdient. Der Arbeitnehmer im Beispiel hat danach in der ersten Jahreshälfte einen Urlaubsanspruch von 15 Tagen, in der zweiten Jahreshälfte einen Anspruch von neun Tagen (= 3/5*15 Tage) erworben. Das BAG, das dem EuGH insoweit folgt, sieht in einer Kürzung des bereits verdienten, aber nicht genommenen Urlaubs beim Wechsel von Voll- in Teilzeit eine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitarbeitnehmern (BAG v. 20.03.2018 – 9 AZR 486/17; EuGH v. 13.06.2013 – C 415/12). Der Anspruch ist zeitanteilig für die entsprechenden Zeiträume mit unterschiedlichen Wochenarbeitstagen zu berechnen. Der Resturlaubsanspruch wird aus der Vollzeit unverändert in die Teilzeit übertragen. Der Arbeitnehmer aus dem Beispiel hat daher insgesamt einen Urlaubsanspruch von 24 Tagen (= 15 + 9 Tage), die er auch vollständig in der zweiten Jahreshälfte während der Teilzeit nehmen darf. So kann er im Ergebnis während seiner Teilzeitphase dem Betrieb für acht Wochen fernbleiben.

Praxishinweis
Der dargelegte Berechnungsgrundsatz „pro rata temporis“, also zeitanteilig, wird auch bei Erhöhung der Arbeitstage angewendet (EuGH v. 11.11.2015 – C-219/14). Es ergibt sich z. B. beim halbjährigen Wechsel von drei auf fünf Arbeitstage pro Woche bei 30 Tagen Jahresurlaub wieder ein Urlaubsanspruch von insgesamt 24 Tagen. Nimmt der Arbeitnehmer diesen Urlaub wiederum erst in der zweiten Jahreshälfte, so kann er dem Betrieb insgesamt nur vier Wochen und vier Tage fernbleiben. Denkbar sind Extremfälle, in denen der Arbeitnehmer von fünf Arbeitstagen auf nur einen Arbeitstag wechselt und durch Resturlaub aus der Vollzeitphase über vier Monate lang urlaubsbedingt abwesend ist. Im umgekehrten Fall würde dies zu einem besonders kurzen Urlaub führen. Bis zur sicheren Klärung dieser Extremfälle durch die Rechtsprechung ist bei einer Arbeitszeitänderung zu empfehlen, frühzeitig die Urlaubsplanung zu berücksichtigen und den „verdienten“ Urlaub möglichst in dem zugehörigen Zeitabschnitt zu gewähren, um Konflikte mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden. Im Übrigen muss auch das Urlaubsentgelt für die Urlaubstage nach dem jeweiligen Entgelt für den Zeitraum bemessen werden, in dem der Urlaubsanspruch verdient wurde (BAG a.a.O.).

Unter Mitarbeit von Aileena Müller.

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