Kurz vor der Weihnachtspause hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 18.12.2020 dem Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) zugestimmt. Der Bundestag hatte bereits am 16.12.2020 über die steuerlichen Neuerungen beschlossen. Diesmal enthält das JStG für den Dritten Sektor verschiedene relevante Neuerungen der §§ 52 ff. AO, die positive Wirkung entfalten werden.

Während die Reform des Stiftungsrechts im Sande zu verlaufen droht, haben es auf Initiative der Länder mehrere gemeinnützigkeitsrechtliche Reformvorschläge in das JStG 2020 geschafft, die die weitreichendste Reform in diesem Bereich seit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz 2013 darstellen dürften. Die Neuerungen treten überwiegend zeitnah, d. h. am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt, in Kraft.

Neue gemeinnützige Zwecke

Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird überarbeitet. Neben begrüßenswerten Klarstellungen wie in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 10 AO, wo künftig die Förderung der Hilfe für rassistisch Verfolgte statt für rassisch Verfolgte als gemeinnütziger Zweck genannt ist, steht eine echte Erweiterung des Katalogs an. Künftig wird so auch die Förderung der Ortsverschönerung, der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen, der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten sowie der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden, als gemeinnützige Zweckverwirklichung anzuerkennen sein. Außerdem wird klargestellt, dass im Bereich der Förderung des Umweltschutzes auch Klimaschutzziele ausdrücklich umfasst sind. Dieser Punkt entspricht allerdings auch bereits bisher der quasi einheitlichen Auffassung in Beratung und Finanzgerichtsbarkeit. 

Keine Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung mehr für kleine Körperschaften

Gemeinnützige Körperschaften jeder Größe müssen bisher grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren nach Zufluss ihre Mittel für die steuerbegünstigten Zwecke verwenden. Dieses Gebot der zeitnahen Mittelverwendung kippt das JStG 2020 nun für Körperschaften mit weniger als Euro 45.000 Einnahmen pro Jahr. Hierbei wird auf die Gesamteinnahmen der Körperschaft über alle vier Sphären abzustellen sein. Gerade auch für gemeinnützige Startup-Projekte im Bereich der Social Entrepreneurship dürfte hiermit eine echte Verwaltungsvereinfachung verbunden sein. 

Unmittelbarkeitsgebot modifiziert

Gemeinnützige Körperschaften sind gehalten, ihre gemeinnützigen Zwecke grundsätzlich selbst zu verwirklichen. Praktisch hat der dafür maßgebliche § 57 AO bisher bestimmte Strukturen und Kooperationen zwischen gemeinnützigen Körperschaften eher erschwert. Dem wird jetzt dadurch Rechnung getragen, dass diese Regelung zwei neue Absätze erhält. Nach § 57 Abs. 3 AO nF wird es künftig möglich sein, dass gemeinnützige Körperschaften einen steuerbegünstigten Zweck durch planmäßiges Zusammenwirken verwirklichen. Auch die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs nach § 65 AO können künftig arbeitsteilig realisiert werden. Damit werden praxisrelevante Optionen bei der Ausgliederung von Teilen von Zweck betrieben geschaffen. Außerdem reicht es für die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke künftig aus, ausschließlich als Holding Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften zu halten und zu verwalten.

Neuerungen bei der Mittelweitergabe/Mittelbeschaffung

Die bisherige Regelung zur teilweisen Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO entfällt und die Mittelbeschaffung für andere gemeinnützige Körperschaften wird künftig durch § 58 Nr. 1 AO geregelt. Möchte eine steuerbegünstigte Körperschaft als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften zuwenden, muss diese Mittelbeschaffung als Art der Zweckverwirklichung künftig in der Satzung benannt werden. Mit Blick auf die jüngere finanzgerichtliche Rechtsprechung zu § 58 Nr. 1 AO ist es begrüßenswert, dass die Begründung zu der Neuregelung klarstellt, dass die Regelung ausdrücklich nicht verlangt, dass die Empfänger Körperschaft die erhaltenen Mittel nur für die Satzungszwecke der Geberkörperschaft verwenden darf. Damit dürfte die in den letzten Jahren vielfach geführte Diskussion um die Frage, ob die satzungsgemäßen Zwecke der fördernden und der geförderten Körperschaft zueinander passen, deutlich an Relevanz verlieren. Der neu eingefügte § 58a AO zum Vertrauensschutz bei Mittelweitergaben kodifiziert die bereits bisher gelebte Rechtspraxis und klärt die Frage, wie sich die fördernde Körperschaft die Steuerbegünstigung des Empfängers nachweisen lassen muss.

Verschiedene weitere Neuerungen

Schließlich enthält das JStG 2020 weitere sinnvolle Änderungen für den gemeinnützigen Bereich. So wird die Steuerfreigrenze im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb angehoben und nunmehr wie bereits 2019 (ESCHE blog v. 2.10.2019) geplant auf Euro 45.000 angepasst. Unter den Beispiel-Zweckbetrieben des § 68 AO wird künftig gesondert die Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen erfasst. Außerdem wird mit Wirkung zum 1.1.2024 durch einen neuen § 60b AO ein Zuwendungsempfänger-Register eingeführt. Damit wird eine alte Forderung nach mehr Transparenz im Bereich der Tätigkeit von Non-Profit-Organisationen umgesetzt und es wird künftig nicht mehr dem Steuergeheimnis unterliegen, ob eine Finanzbehörde für eine Körperschaft konkret den Status der Gemeinnützigkeit festgestellt hat. Das Bundeszentralamt für Steuern wird das Zuwendungsempfängerregister führen.

Fazit

Das Gesetz enthält viele sinnvolle und hilfreiche Impulse, die insbesondere im Bereich der arbeitsteiligen Zusammenarbeit von gemeinnützigen Körperschaften große Praxisrelevanz entwickeln werden. Insoweit ist die Umsetzung der von den Ländern ausgehenden Initiative stark zu begrüßen, auch wenn nicht alle „gemeinnützigkeitsrechtlichen Baustellen„ mit diesem Gesetz erledigt werden konnten. Zu den noch offenen Themen ist neben der Frage des zulässigen Ausmaßes politischen Engagements gemeinnütziger Körperschaften insbesondere auch die wohl praxisrelevantere Problematik des weiter weitgehend ungeregelten Exitszenarios aus der Gemeinnützigkeit zu rechnen. Ob es das Gemeinnützigkeitsrecht hier zeitnah wieder auf die Agenda des Gesetzgebers schaffen wird, erscheint eher unwahrscheinlich. Dagegen ist damit zu rechnen, dass die Länder in Kürze eine geänderte Fassung des AEAO verabschieden werden. Dabei ist zu hoffen, dass die Auslegung der Finanzverwaltung weitestgehend mit der praxisnahen Sichtweise des Gesetzgebers übereinstimmt, da die Initiative für die Änderung der Abgabenordnung insoweit von den Ländern ausging.

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