In Betrieben mit nicht mehr als zehn regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern (sogenannte "Kleinbetriebe") müssen Arbeitgeber bei ordentlichen Kündigungen nur geringe gesetzliche Hürden beachten. Ein Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) aus dem Juli 2015 zeigt jedoch eine nicht zu unterschätzende Gefahr auf: Lässt die Kündigung Rückschlüsse auf eine Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu, droht die Unwirksamkeit der Kündigung.

Eingeschränkter Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

Arbeitnehmer  ohne Sonderkündigungsschutz im Kleinbetrieb sind nur rudimentär gegen Kündigungen geschützt, da die strengen Vorgaben des § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf Rechtfertigung einer Kündigung in Kleinbetrieben keine Anwendung finden. Arbeitgeber brauchen also keine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründe, um eine ordentliche Kündigung zu begründen. Vielmehr können sie ohne Angabe von Gründen das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Kündigungsfrist einseitig beenden, sofern die Kündigung nicht willkürlich ist oder gegen ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB verstößt. Will sich ein Arbeitnehmer gegen eine aus seiner Sicht willkürliche oder nach § 134 BGB unwirksame Kündigung wehren, muss er die Tatsachen darlegen und beweisen können, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung ergeben soll.

Beweislastumkehr bei bloßen Anzeichen für Diskriminierungen

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arbeitgeber durch seine Kündigung einen Arbeitnehmer wegen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erfassten Merkmalen diskriminiert (u.a. Alter, ethnische Herkunft, Geschlecht, Behinderung). Nach §§ 7 Abs. 1, 1 AGG, 134 BGB sind alle diskriminierenden Kündigungen unwirksam. Eine Einschränkung der Anwendbarkeit in Orientierung an der Betriebsgröße kennt das AGG nicht, so dass auch Arbeitnehmer in Kleinbetrieben vollumfänglich vor diskriminierenden Kündigungen geschützt sind.

Anders als bei willkürlichen oder gesetzeswidrigen Kündigungen kehrt sich in einem Kündigungsschutzprozess allerdings die Darlegungs- und Beweislast um. Mit anderen Worten: Nach § 22 AGG muss bei bloßen Indizien für eine Diskriminierung der Arbeitgeber darlegen und beweisen können, dass die Kündigung gerade nicht auf einer diskriminierenden Motivation beruht, vor der das AGG den Arbeitnehmer gerade schützen will.
Wie das BAG in seinem Urteil vom 23.07.2015 (Az. 6 AZR 457/14; bislang nur als Pressemitteilung veröffentlicht) klarstellt, reicht es für den diskriminierenden Charakter einer Kündigung sogar aus, wenn das Kündigungsschreiben eine Benachteiligung nur vermuten lässt. In dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte die Arbeitgeberin im Kündigungsschreiben u.a. auf die Pensionsberechtigung der betroffenen Arbeitnehmerin hingewiesen, ohne diese unmittelbar als Grund für die Kündigung heranzuziehen. Das BAG bestätigte gleichwohl eine Diskriminierung und damit die Unwirksamkeit der Kündigung, weil es aus seiner Sicht der Arbeitgeberin nicht gelungen sei, die vermutete Diskriminierung zu widerlegen. Mit dem Argument, lediglich eine freundliche und verbindliche Formulierung gewählt haben zu wollen, drang die Arbeitgeberin nicht durch.

Praxisempfehlung

Das Urteil des BAG macht deutlich: Auch in Kleinbetrieben müssen Arbeitgeber bei der Gestaltung eines Trennungsprozesses mit größter Sorgfalt vorgehen und besonderes Augenmerk auf das Diskriminierungsverbot des AGG legen. Da Kündigungen nicht begründet werden müssen, ist es ratsam, im Kündigungsschreiben auf unerhebliche Ausführungen zu verzichten. Letztere bieten lediglich eine Angriffsfläche und erhöhen das Risiko einer Unwirksamkeit der Kündigung.

Weiterhin empfiehlt es sich für Arbeitgeber, sachliche Gründe für eine Kündigung wie beispielsweise die fehlende Qualifikation für neu anfallende Aufgaben zu dokumentieren. So bestehen gute Aussichten, dem möglichen Vorwurf eines diskriminierenden Verhaltens durch substantiierten Vortrag begegnen und der Darlegungs- und Beweislastpflicht nach § 22 AGG nachkommen zu können. Anderenfalls droht nicht nur die gerichtliche Feststellung, dass die Kündigung unwirksam ist, sondern auch die Pflicht, Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot an den betroffenen Arbeitnehmer zu zahlen.

Autor: Mattis Aszmons


Siehe auch: "Gut zu wissen: Sonderkündigungsschutz im Arbeitsverhältnis"

 

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