Viele Unternehmen haben Social Media als Werbekanal entdeckt. Ein Facebook-Auftritt und Twitter-Account sind heute selbstverständlich. Im Aufwind sind YouTube-Videos, auf denen Produkte von Unternehmen eingebunden werden oder direkt für sie geworben wird. Dazu nutzen Unternehmen Prominente, insbesondere natürlich Social Media-Stars. Im Rahmen eines „hauls“ (engl. Fang, Beutezug) werden beispielsweise Produkte unter die Lupe genommen; bei „Let’s Play“-Sendungen (engl. Lasst uns spielen) werden Computerspiele vorgestellt und kommentiert. Die Abrufzahlen dieser Videos sind gigantisch, sie gehen in die Millionen.
Verschwimmende Grenzen zwischen Werbung und Inhalt
Das Problem: In vielen der Videos verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung und dem restlichen Inhalt der Sendung. Für Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten sieht der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) allerdings presse- und rundfunkrechtliche Sonderregelungen vor.
Natürlich ist die Frage berechtigt, ob es sich bei den einschlägigen YouTube-Formaten überhaupt um Angebote handelt, die journalistisch-redaktionell gestaltet sind – ob also der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) Anwendung findet. Allerdings sind die erfolgreichen Videos derart professionell und mit entsprechendem Produktions-Stab im Hintergrund gestaltet, dass sie einer typischen Offline-Publikation in nichts nachstehen; für solche Produktionen gilt der RStV.
Rundfunkstaatsvertrag und Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
§ 58 RStV regelt, unter welchen Voraussetzungen Werbung und Sponsoring zulässig sind. In Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift wird das Gebot der Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung auch für Telemedien festgeschrieben. Das Trennungsgebot ist zusätzlich in § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) normiert. Es besagt, dass Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt eines Angebots eindeutig getrennt sein muss.
§ 58 Satz 2 RStV verbietet, subliminale Techniken (Schleichwerbung) in der Werbung zu nutzen. Von Schleichwerbung geht der Rundfunkstaatsvertrag dann aus (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8), wenn Waren oder Dienstleistungen absichtlich zu Werbezwecken erwähnt werden und der Zuschauer über diesen Werbezweck irregeführt werden kann, weil eine Kennzeichnung unterbleibt. Auch für Sponsoring in Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind, gelten nach § 54 Abs. 2 und 3 RStV die rundfunkrechtlichen Regelungen (insbesondere § 8 RStV) entsprechend.
Darüber hinaus lässt sich auch argumentieren, dass YouTube-Videos wegen ihres fernsehähnlichen Inhalts den noch weitergehenden speziellen Regelungen von § 58 Abs. 3 RStV unterliegen. Die Vorschrift verweist auf § 7 RStV, der Werbegrundsätze für Rundfunk und rundfunkähnliche Angebote im Detail regelt. Somit müssten sich YouTube-Videos an den noch engeren rundfunkrechtlichen Grenzen für Schleichwerbung und Product Placement orientieren.
Abmahn- und Bußgeldrisiken
Viele der YouTube-Videos genügen diesen Anforderungen nicht, weil in ihnen die Grenzen zwischen Unterhaltung und Werbung verschwimmen – oder gar nicht existieren. Damit begeben sich die Anbieter der Videos aufs Glatteis. Denn wer etwa gegen das Trennungsgebot verstößt, den können Wettbewerber abmahnen. Das kostet Zeit, Geld und bereitet Ärger. Aufgrund des wachsenden Wettbewerbs ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich entsprechende Abmahnrisiken realisieren. Bei Verstößen gegen den Rundfunkstaatsvertrag, etwa wenn in Telemedien Schleichwerbung genutzt wird, drohen gemäß § 49 Abs. 2 RStV Geldbußen bis zu 250.000 EUR.
Videoproduzenten sollten daher darauf achten, Werbung und die anderen Teile deutlich voneinander zu trennen oder die Sendungen insgesamt korrekt zu kennzeichnen. Auch die Vereinbarung zwischen dem Anbieter des Videos und dem werbenden Unternehmen sollte diesen Belangen Rechnung tragen.
Forum Commercial am 10. September 2015
Unternehmen am Pranger - Schutz vor rufschädigenden Äußerungen im Internet
Termin: Donnerstag, 10. September 2015, Beginn 17:30 Uhr
Ort: Am Sandtorkai 44, 20457 Hamburg, bei Esche Schümann Commichau