Wird einem Arbeitnehmer im Gespräch mit dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass er eine Kündigung erhalte und versucht, ihm das Kündigungsschreiben zu übergeben, kann darin bereits der Zugang der Kündigung liegen, auch wenn der Arbeitnehmer die Annahme des Kündigungsschreibens verweigert (vgl. BAG vom 26.03.2015 - 2 AZR 483/14).
Zugang einer Kündigungserklärung im Gespräch
Eine Kündigungserklärung ist eine Willenserklärung, die zur Wirksamkeit der Schriftform bedarf, also eine verkörperte Willenserklärung. Der Zugang von verkörperten Willenserklärungen richtet sich bei Anwesenden nach § 130 I S.1 BGB. Die Erklärung muss durch Übergabe so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangen, dass dieser die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen. Wenn der Arbeitgeber im Kündigungsgespräch das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer so übergibt, dass dieser die Möglichkeit hatte, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen, liegt zu diesem Zeitpunkt ein Zugang vor.
Annahmeverweigerung im Gespräch
Bisher war umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen dies auch für die Fälle gilt, in denen ein Arbeitnehmer die Annahme des Kündigungsschreibens im Gespräch verweigert, jedoch die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt bestand. Das BAG hat hier mit seiner Entscheidung Klarheit geschaffen:
Der Zugang einer Kündigungserklärung sei auch dann bewirkt, wenn das Schriftstück dem Empfänger mit der erkennbaren Absicht, es ihm zu übergeben, angereicht und, falls er die Entgegennahme ablehnt, so in seiner unmittelbaren Nähe abgelegt wird, dass er es ohne weiteres an sich nehmen und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Es gehe hingegen nicht zu, wenn es dem Empfänger zum Zwecke der Übergabe zwar angereicht, aber von dem Erklärenden oder Überbringer wieder an sich genommen wird, weil der Empfänger die Annahme abgelehnt hat.
Praxistipp
Verweigert ein Arbeitnehmer im Gespräch die Annahme des Kündigungsschreibens, sollte das Schreiben nicht nur hingehalten, sondern so im Bereich des Arbeitnehmers abgelegt werden, dass dieser die Möglichkeit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Auch wenn das Schreiben nicht mitgenommen wird, liegt dann ein wirksamer Zugang vor.
Dieser Zugangszeitpunkt ist dann für die Berechnung der Dreiwochenfrist des § 4 S. 1 KSchG maßgeblich. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Kündigung unwirksam ist, muss er gem. § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben, andernfalls gilt die Kündigung gem. § 7 KSchG als rechtswirksam. Orientiert sich die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers nicht am Zugangszeitpunkt des Kündigungsgesprächs, sondern am Zugangszeitpunkt einer späteren, hilfsweisen Zustellung, ist die Kündigungsschutzklage nicht mehr fristwahrend und die Kündigung damit rechtswirksam. Arbeitgeber können somit einen frühen Zugang der Kündigung bewirken und den Eintritt von Rechtssicherheit beschleunigen.
Mitautor: Moritz Gerum (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)