Am 14.02.2023 hat der ECOFIN-Rat u.a. Russland auf die Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (sog. EU-Blacklist) gesetzt. Voraussichtlich ab 2024 finden daher die Abwehrmaßnahmen des Steueroasen-Abwehrgesetzes auf Geschäftsbeziehungen und Beteiligungsverhältnisse mit Bezug zu Russland Anwendung.   

Neben Russland hat der ECOFIN-Rat am 14.02.2023 beschlossen, die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und die Marshallinseln auf die Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufzunehmen. Russland wurde u.a. aufgrund von schädlichen Sonderregelungen für internationale Holdinggesellschaften auf die Liste gesetzt. Darüber hinaus findet seit Beginn der Aggressionen Russlands gegen die Ukraine kein Dialog über Steuerfragen mehr statt. 

Damit umfasst die EU-Blacklist nun 16 Länder und Gebiete: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Bahamas, Britische Jungferninseln, Costa Rica, Fidschi, Guam, Marshallinseln, Palau, Panama, Russland, Samoa, Trinidad und Tobago, Turks- und Caicosinseln, Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu.

Für in Deutschland ansässige Steuerpflichtige ist die EU-Blacklist insbesondere für die Anwendung des Ende 2021 in Kraft getretenen Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) von Bedeutung. Das StAbwG hat zum Ziel, Steuerhoheitsgebiete, die anerkannte steuerliche Mindeststandards nicht erfüllen, anzuhalten, entsprechende Regelungen zu schaffen. Zu diesem Zweck sollen Personen und Unternehmen durch Abwehrmaßnahmen davon abgehalten werden, Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu diesen Steuerhoheitsgebieten fortzusetzen oder aufzunehmen. Im Klartext: Derartige Geschäftsbeziehungen sollen steuerlich unattraktiv gemacht werden.

Konkret handelt es sich bei den Abwehrmaßnahmen u.a. um eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (hinsichtlich sämtlicher und nicht zur sog. „passiver" Einkünfte), gesteigerte Mitwirkungspflichten (insbesondere Aufzeichnungspflichten, deren Richtigkeit und Vollständigkeit nach Aufforderung der zuständigen Finanzbehörde an Eides statt zu versichern ist), Quellensteuermaßnahmen, ein Verbot des Betriebs- und Werbungskostenabzugs und die Versagung der Steuerfreistellung bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen. Die Maßnahmen greifen zeitlich abgestuft. 

Die Steuerhoheitsgebiete, auf die das StAbwG Anwendung findet, nennt die Steueroasen-Abwehrverordnung, die sich wiederum an der EU-Blacklist orientiert. Aufgrund der bisherigen Handhabung ist davon auszugehen, dass die Verordnung im Laufe des Jahres 2023 um die vier o.g. Steuerhoheitsgebiete ergänzt wird. 

Tritt die geänderte Verordnung – wovon ebenfalls auszugehen ist – noch in 2023 in Kraft, finden u.a. die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung, die Quellensteuermaßnahmen und die erweiterten Mitwirkungspflichten in Bezug auf Geschäftsbeziehungen zu Russland und den drei anderen Steuerhoheitsgebieten ab dem 01.01.2024 Anwendung. Aufgrund der zeitlich gestuften Anwendung gemäß § 3 Abs. 2 StAbwG greift die Versagung der Steuerfreistellung von Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen grundsätzlich ab 2026 und das Betriebs- und Werbungskostenabzugsverbot grundsätzlich ab 2027.

Praxishinweis
Obwohl viele deutsche Unternehmen ihr Geschäft mit russischen Partnern aufgrund der verhängten Sanktionen oder aus moralischen Gründen inzwischen eingestellt oder zurückgefahren haben, existieren nach wie vor Beziehungen deutscher Unternehmen zu russischen Geschäftspartnern. Weiterhin gibt es in Russland noch eine Vielzahl von Unternehmen mit deutschen Anteilseignern.

Bestehende Geschäftsbeziehungen und Beteiligungsverhältnisse sollten vor dem Hintergrund der wahrscheinlich ab dem 01.01.2024 greifenden Abwehrmaßnahmen des StAbwG auf den Prüfstand gestellt werden. Die sich ergebenden steuerlichen Pflichten für die inländischen Steuerpflichtigen sollten genau analysiert werden.   
 

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