Der Erwerb von Grundvermögen hat in der Praxis oftmals ein steuerliches Nachspiel, wenn es zur Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden sowie Gebäude kommt. Das vermutete Interesse des Steuerpflichtigen, möglichst viel des Kaufpreises auf das Gebäude zu verteilen, weckt regelmäßig die Skepsis des Finanzamtes. Dies gilt im besonderen Maße, wenn in der notariellen Urkunde eine Kaufpreisaufteilung nicht vorhanden ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Mandant eine Eigentumswohnung an der Ostsee erworben, um diese an Feriengäste zu vermieten. Im Rahmen der Steuererklärung wurde der Kaufpreis nach dem Ertragswertverfahren aufgeteilt und zu rund 80% dem Gebäude zugewiesen. 

Das Finanzamt wendete das Sachwertverfahren an und kam zu einem Gebäudeanteil von nur 51%. Obwohl der nach dem Sachwertverfahren ermittelte Sachwert weit unter dem Kaufpreis lag, ließ sich das Finanzamt nicht von dieser Meinung abringen. Selbst ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, welches die Auffassung des Mandanten bestätigte, änderte daran nichts. 

Aber es kam noch dicker. Zwar bestätigte ein gerichtlich bestellter Gutachter ebenfalls, dass das Sachwertverfahren in diesem Fall ungeeignet sei, dennoch aber folgte das Finanzgericht der Auffassung des Finanzamtes, wendete damit das Sachwertverfahren an und ließ sich sogar dazu hinreißen, von einem grundsätzlichen Vorrang des Sachwertverfahrens bei vermieteten Eigentumswohnungen zu sprechen. 

Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde und die anschließende Revision vor dem BFH hatten Erfolg.

Der BFH stellte nochmals ausdrücklich klar, dass die Bewertungsverfahren gleichrangig sind und deren Anwendung vom konkreten Einzelfall abhänge (BFH v. 20.09.2022 – IX R 12/21). Zudem bestätigte der BFH, dass insbesondere das Sachwertverfahren nicht anzuwenden sei, wenn es nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint, weil der mit dieser Methode ermittelte Wert ganz erheblich von dem zwischen den Kaufpreisparteien vereinbarten und dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis abweiche.

Ergänzend hebt der BFH hervor, dass sich die Verhältnisse in den letzten Jahren dahingehend geändert hätten, dass auch zur Vermietung bestimmtes Grundvermögen regelmäßig aus Renditegesichtspunkten erworben werde. 

Im Ergebnis bekam der Mandant damit die gewünschte Aufteilung von rund 80% des Kaufpreises auf das Gebäude. 

Fazit:
Die Aufteilung eines Kaufpreises auf Grund und Boden sowie Gebäude findet nicht in einer Art „Parallelwelt“ statt. Soll heißen, dass die Wertmaßstäbe, die am Markt den Wert bestimmen, letztlich auch ausschlaggebend für das anzuwendende Bewertungsverfahren im Rahmen der Kaufpreisaufteilung sein müssen. Sind dies Ertragsaussichten, dann findet eben das Ertragswertverfahren und nicht das Sachwertverfahren Anwendung. 

In der Praxis lässt sich die Ungeeignetheit des Sachwertverfahrens oft schon daran erkennen, dass dieses zu einem Gesamtwert kommt, der sich mit dem Kaufpreis nicht in Einklang bringen lässt. 

Dem BFH kann in seiner Sichtweise nur zugestimmt werden. 

Der Fall zeigt, dass sich für Steuerpflichtige die Beauftragung eines Gutachtens lohnen kann, um die Anwendung des richtigen Bewertungsverfahrens zu erreichen. An die Finanzverwaltung ist nicht zuletzt der Wunsch zu richten, doch Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hinsichtlich des anzuwendenden Bewertungsverfahrens zu akzeptieren. 
 

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