Verbesserte Informations- und Dialogmöglichkeiten für Unternehmensgründer und Technologiedienstleister im Umfeld kapitalmarktrechtlicher Tätigkeitserbringung.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellt Unternehmen, die am Finanzmarkt mit neuen Technologien, Digitalisierungen und Innovationen arbeiten, auf ihrer Webseite einen neu gestalteten „FinTech Innovation Hub“ zur Verfügung. Insbesondere in Gründung befindliche und neu am Markt tätige Unternehmen finden hier kompakte aufsichtsrechtliche Informationen zu verschiedenen finanztechnologischen Innovationen und den hiermit verbundenen Geschäftsmodellen; Gleiches gilt für bereits etablierte Unternehmen, die ihre Geschäftsfeldtätigkeiten umgestalten oder erweitern wollen. Erste Schwerpunkte des Hub sind Dienstleistungen, die auf der Basis von Distributed Ledger Technology (DLT) und Blockchain im Finanzsektor und bei verschiedenen Formen des digitalen Bankings sowie Zahlungsverkehrs zum Einsatz kommen. Nutzer des Hub, zu denen durchaus auch nicht kapitalmarktrechtlich überwachte Unternehmen, wie etwa technische Dienstleister zählen, die mit aufsichtsrechtlich überwachten Unternehmen zusammenarbeiten, können auf diesem Wege in einen strukturierten Austausch mit der BaFin treten. Themen sind hier insbesondere Geschäftsmodelle und Technologien der betreffenden Unternehmen sowie die Erörterung notwendiger Erlaubnispflichten und das anwendbare Aufsichtsrecht.
Soweit der neue Dialog- und Informations-Hub insbesondere auf sog. FinTechs als Zielgruppe abstellt, orientiert sich dieser Begriff im vorliegenden Zusammenhang an Unternehmen, die technologiegestütze Innovationen im Finanzdienstleistungssektor mittels neuer Geschäftsmodelle, Anwendungen, Prozesse und Produkte hervorbringen und die Finanzmärkte, Marktteilnehmer sowie die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen erbracht werden, beeinflussen können. Überdies ist FinTech ein weit gefasster Begriff, der eine große Auswahl an Technologien beschreibt. Beispielhaft genannt werden hier von der BaFin typische Geschäftsmodelle (Digital Banking/Neo Banks, innovative Bezahlverfahren, Open Banking/Finance, Tätigkeiten rund um DLT/Blockchain und Kryptowerte sowie automatisierte und signalbezogene Beratungs- und Handelssysteme) und innovative Finanztechnologien als Treiber des digitalen Wandels (Big Data & Artificial Intelligence, Cloud Computing, DLT/Blockchain und Quantum Computing).
Aufsichtsrechtlich wird es für die betroffenen Unternehmen in erster Linie vielfach darum gehen, ob sie mittels ihrer technologischen Tätigkeiten und Geschäftsmodelle erlaubnispflichtige Bankgeschäfte, Finanzdienstleitungen, Wertpapierdienstleistungen oder Zahlungsdienste nach Maßgabe des Kreditwesengesetzes (KWG), des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) oder des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) betreiben. Hierfür kommt es maßgeblich darauf an, ob die betreffenden Tätigkeiten und Geschäftsmodelle unter die in den genannten Gesetzen normierten erlaubnispflichtigen Bereiche fallen und gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ist dies der Fall, bedarf es vor Geschäftsaufnahme einer entsprechenden Erlaubnis der Aufsichtsbehörden (BaFin und Bundesbank), die im Folgenden für eine entsprechende kapitalmarktrechtliche Überwachung des Unternehmens (dann „Institut“, „Wertpapierinstitut“ oder „Zahlungsdienstleister“) zuständig sind. Materiell-rechtlich erstreckt sich diese Zuständigkeit auf die Bereiche der sog. Solvenz- und Marktaufsicht. „Hürden“ zur Erlangung einer entsprechenden Tätigkeitserlaubnis sind insbesondere das Vorhandensein mindestens eines persönlich zuverlässigen und fachlich geeigneten Geschäftsleiters, das Vorhalten eines quantifizierbaren Eigen- bzw. Anfangskapitals sowie verschiedene gesellschaftsrechtliche Anforderungen. Im laufenden Geschäftsbetrieb eines erlaubterweise tätigen Unternehmens findet dann eine regelmäßige Beaufsichtigung durch BaFin und Bundesbank statt und es sind die materiellen Vorgaben der o. g. Gesetzeswerke, unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht sowie untergesetzliche behördliche Regularien einzuhalten. Zu beachten ist, dass die BaFin – anders als es teilweise in anderen Staaten der Fall ist, die innovationsgetriebenen Unternehmen eine aufsichtsrechtlich moderate Einstiegsphase gewähren („Sandbox“) – ihre Aufsichtstätigkeit als „technologieneutral“ bezeichnet und nach dem Motto „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel“ verfährt. Nichts desto trotz lassen auch hiesige Regelwerke eine Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips bezogen auf die Beaufsichtigung kleinerer und neu formierter Unternehmen mit transparentem Risikoprofil zu – namentlich im Rahmen der Mindestanforderungen für das Risikomanagement und die Compliancefunktion der Unternehmen (MaRisk/MaComp).
Soweit die betreffenden Unternehmen (FinTechs) ihre Tätigkeiten als rein technische Dienstleistung für andere Unternehmen erbringen, die kapitalmarktrechtlich von der BaFin beaufsichtigt sind (hierunter fallen insbesondere Kreditinstitute in der Form von Universalbanken), kann es sich für Letztere wiederum um eine anzeigepflichtige sog. wesentliche Auslagerung handeln, während für das betreffende FinTech mangels des Betreibens aufsichtsrechtlicher Geschäfte eine eigenständige Erlaubnis nach Maßgabe von KWG, WpIG oder ZAG nicht erforderlich wäre.
Praxistipp
Unternehmen, die beabsichtigen Tätigkeiten als technologie- und innovationsorientierte Dienstleister am Finanzmarkt zu erbringen (FinTechs), sollten frühzeitig ermitteln, ob die betreffenden Tätigkeiten eine Erlaubnis nach Maßgabe von KWG, WpIG oder ZAG erfordern und daher eine kapitalmarktrechtliche Beaufsichtigung durch BaFin und Bundesbank begründen. Zudem sollten auch alle wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen (namentlich Gesellschaftsvertrag/Satzung, Unternehmensgegenstand bzw. Geschäftsfeldbeschreibung, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung, Eigentümer- und Geschäftsführungsstruktur, Businessplan und ggf. Aufstellung von Planbilanzen) im Rahmen der Gründung und Etablierung eines entsprechenden Geschäftsmodells bereits hierauf abgestimmt sein. Für den „Einstieg“ in all diese Themen erscheinen der BaFin-Hub und eine frühzeitige – ggf. auch prophylaktische – Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden höchst zweckmäßig.