Die Digitalisierung schreitet voran. Dies bleibt auch nicht ohne Folgen für künftige Betriebsprüfungen und wird nunmehr durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts weiter vorangetrieben.

Wesentliche Punkte des Gesetzgebungsverfahrens

Zwar werden – aus Sicht des Steuerpflichtigen möglicherweise durchaus positiv zu bewertende – Regelungen geschaffen, welche den zeitlichen Umfang künftiger Betriebsprüfungen reduzieren sowie den Ablauf effizienter gestalten können, allerdings wird im Rahmen dieser Gesetzesänderung mit dem neuen § 200a AO auch eine Vorschrift eingeführt, welche im Falle des Verstoßes gegen nunmehr erhöhte Mitwirkungsverpflichtungen zu durchaus empfindlichen Geldbußen führen kann.

Dem Gesetzesentwurf wurde jüngst auf Ebene des Bundesrats in der Sitzung am 16. Dezember 2022 zugestimmt. Das Gesetz wird somit aller Voraussicht nach zum 1. Januar 2023 in Kraft treten und generell für Steuern und Steuervergütungen gelten, welche nach dem 31. Dezember 2024 entstehen.

Insbesondere auf nachfolgende, kurz zusammengefasste Änderungen sollte man sich künftig einstellen:

1. Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen § 200a AO
Mit dem neu geschaffenen § 200a AO wird erstmals eine Norm geschaffen, durch welche dem Steuerpflichtigen eine besondere Handlungsverpflichtung im Rahmen der Betriebsprüfung auferlegt wird, die im Falle des Nichtbefolgens grundsätzlich automatisch zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds von 75 EUR pro Tag führt, soweit kein Entschuldigungsgrund glaubhaft gemacht werden kann. Ferner kann ein umsatzabhängiger Zuschlag i.H.v. bis zu 25.000 EUR pro Tag verhängt werden, soweit der Umsatz des Steuerpflichtigen mindestens 12 Mio. EUR beträgt.

Die Norm wurde im Vergleich zum vorherigen Regierungsentwurf insoweit abgemildert, dass ein Verzögerungsentgelt frühestens 6 Monate nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung festgesetzt werden kann. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des Mitwirkungsverlangens. Es bleibt abzuwarten, in welcher Häufigkeit die Betriebsprüfung von diesem neuen Druckmittel Gebrauch machen wird, zumal es zunächst im Ermessen des Betriebsprüfers liegt, ob dieser die ggf. vorgenommenen Handlungen des Steuerpflichtigen als ausreichend erachten wird. 

2. Teilabschlussbescheid/Teilabschlussprüfungsbericht; verbindliche Zusagen
Künftig sollen einzelne Besteuerungsgrundlagen, welche im Rahmen von laufenden Betriebsprüfungen bereits geprüft wurden, durch Teilabschlussbescheide gesondert festgestellt werden können, nachdem hierüber zuvor zumindest ein elektronischer Teilprüfungsbericht ergangen ist. Ferner steht es im Ermessen der BP für diesen Sachverhalt auch eine verbindliche Zusage hinsichtlich deren steuerlicher Behandlung in der Zukunft zu erteilen, soweit hieran ein besonderes Interesse des Steuerpflichtigen besteht (§180 Abs.1a, § 202 Abs. 3 und § 204 Abs. 2 AO). Positiv ist somit, dass der Steuerpflichtige künftig nicht mehr das Ende der BP abwarten muss, um Teilrechtssicherheit zu erlangen.

3. Weitere Mitwirkungspflichten im Rahmen der TP-Dokumentationen
Die Mitwirkungspflichten bei Verrechnungspreisen werden dahingehend erweitert, dass Verrechnungspreisdokumentationen künftig auch ohne gesonderte Aufforderung innerhalb von 30 Tagen (bisher 60 Tage) nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen sind.

4. Digitalisierung Prüfungsberichte/Schlussbesprechungen
Künftig soll bei Zustimmung des Steuerpflichtigen die Möglichkeit bestehen, dass Prüfungsberichte elektronisch übermittelt und Schlussbesprechungen auch telefonisch oder online stattfinden können (§ 201 Abs.1 AO und §202 AO).

5. Digitale Schnittstellen § 147b AO
Das BMF erhält eine Verordnungsermächtigung zur Vereinheitlichung digitaler Schnittstellen für den Datenexport sowie zur Verpflichtung der entsprechenden Nutzung. Hierdurch soll der digitale Zugriff der Finanzverwaltung erleichtert werden.

6. Frühere Bereitstellung von Unterlagen/Mitteilung von Prüfungsschwerpunkten
Künftig soll nach § 197 AO neuer Fassung der Steuerpflichtige verpflichtet sein, aufbewahrungspflichtige Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist (in digitaler Form, soweit diese mit einem entsprechenden System erstellt wurden) vorzulegen. Im Gegenzug sollen ihm hierfür die voraussichtlichen Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden, wobei dies keine Beschränkung des Prüfungsumfangs bedeutet.

7. Begrenzung der Ablaufhemmung 
Die Maximaldauer der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO wird begrenzt. Diese endet nunmehr 5 Jahre nach Bekanntgabe der zugrundeliegenden Prüfungsanordnung. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Beginn der Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen verschoben wurde, zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch genommen wird oder ein Verzögerungsentgelt nach dem neuen § 200a AO festgesetzt wurde. Die Begrenzung der Ablaufhemmung greift auch nicht bei Einleitung eines Steuerstrafverfahrens.

8. Berichtigungspflicht von Steuererklärungen nach BP
Soweit Prüfungsfeststellungen einer Außenprüfung im Rahmen eines Steuerbescheids unanfechtbar umgesetzt wurden, besteht künftig auch eine Verpflichtung zur Abgabe entsprechend geänderter Erklärungen, soweit der zugrundeliegende Sachverhalt der Feststellung auch in nicht geprüften Jahren zur Änderung von Besteuerungsgrundlagen führt (§ 153 Abs. 4 AO).

9. Beantragung von Erleichterungen bei der BP – Erprobung alternativer Prüfungsmethoden bei wirksamen TCMS
Nach Art. 97 § 38 EGAO (Einführungsgesetzes zur Abgabeordnung) soll es künftig möglich sein, dass die Finanzverwaltung für künftige Betriebsprüfungen Prüfungserleichterungen zusagen kann, wenn sich in der laufenden Betriebsprüfung herausstellt, dass ein geeignetes, innerbetriebliches, steuerliches Kontrollsystem zur Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften implementiert wurde (Tax Compliance Management System).

Dies erfordert u.a., dass im Rahmen des TCMS:

a) Besteuerungsgrundlagen zutreffend aufgezeichnet und berücksichtigt werden und
b) die entstehenden Steuern fristgerecht und vollständig gezahlt werden.

Im Hinblick auf die künftige Handhabung der Tax Compliance ist es insofern durchaus geboten einmal zu erörtern, ob eine entsprechende Beantragung Sinn ergibt, um bei künftigen Betriebsprüfungen diese Erleichterungen in Anspruch nehmen zu können. Die Regelung ist zunächst auf den Anwendungszeitraum 01.01.2023 – 01.01.2030 beschränkt und wird fortlaufend durch die Finanzverwaltung evaluiert.

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