Wenn ein Testamentsvollstrecker im Rechtsverkehr seine Kompetenzen nachweisen muss, wird er regelmäßig auf das Testamentsvollstreckerzeugnis zurückgreifen. Das Zeugnis bescheinigt dem Testamentsvollstrecker neben seiner Amtsinhaberschaft auch gewisse Befugnisbeschränkungen und -erweiterungen. Die Nachweisfunktion des Testamentsvollstreckerzeugnisses wurde durch eine Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss vom 12.08.2021 – 19 W 82/21) weiter gestärkt. Das Kammergericht hat zugunsten eines Testamentsvollstreckers entschieden, dass auch die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in das Zeugnis aufzunehmen ist.
Hintergrund der Entscheidung
Ein Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass abzuwickeln und die Anordnungen des Erblassers umzusetzen. Auch wenn dem Testamentsvollstrecker nach dem Gesetz weitreichende Befugnisse zustehen, ist seine Handlungsmacht nicht grenzenlos. Insbesondere darf ein Testamentsvollstrecker gemäß § 181 BGB grundsätzlich weder Verträge mit sich selbst schließen (also z. B. Nachlassgegenstände an sich selbst verkaufen), noch als sog. Mehrfachvertreter gleichzeitig aufgrund seines Testamentsvollstreckeramtes und als Vertreter einer anderen natürlichen oder juristischen Person handeln (z. B. ein Rechtsgeschäft auf der einen Seite als Testamentsvollstrecker und auf der anderen Seite als Vertreter einer testamentarisch begünstigten Person oder Organisation schließen). Was als Kontrollfunktion im Ausgangspunkt sinnvoll erscheint, kann bei Vertrauenspersonen, die als Testamentsvollstrecker eingesetzt sind, die Testamentsvollstreckung unnötig erschweren. Aus diesem Grund befreien viele Erblasser ihre Testamentsvollstrecker von den Beschränkungen des § 181 BGB.
Von den Oberlandesgerichten wird jedoch nicht einheitlich beurteilt, ob die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB auch in das Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen ist. Das Testamentsvollstreckerzeugnis dient im Rechtsverkehr und insbesondere gegenüber Grundbuchämtern und Registergerichten als Nachweis der Amtsinhaberschaft. Die uneinheitlichen Auffassungen der Gerichte beruhen darauf, dass nach § 354 Abs. 2 FamFG bestimmte Befreiungen bzw. Beschränkungen des Testamentsvollstreckers im Testamentsvollstreckerzeugnis anzugeben sind. Deshalb können nach Ansicht einiger Gerichte andere, dort nicht genannte Befugniserweiterungen, wie nämlich die Befreiung von § 181 BGB, nicht ins Zeugnis aufgenommen werden.
Die Entscheidung des Kammergerichts
Das Kammergericht hat zugunsten eines Testamentsvollstreckers entschieden, dass auch die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in das Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen ist. Nach der Auffassung des Kammergerichts sind im Testamentsvollstreckerzeugnis über den Wortlaut des § 354 Abs. 2 FamFG hinaus nicht nur Beschränkungen, sondern auch Erweiterungen der Befugnisse des Testamentsvollstreckers anzugeben, sofern sie für den Rechtsverkehr von Bedeutung sind. Dies ergebe sich aus dem Zweck des Testamentsvollstreckerzeugnisses, das dem Testamentsvollstrecker den Nachweis seiner Kompetenzen im Rechtsverkehr ermöglichen solle. Entgegen der Auffassung beispielsweise des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 23.03.2004 – 15 W 75/04) kann insbesondere auch der Nachweis eines zulässigen Insichgeschäfts des Testamentsvollstrecker im Rechtsverkehr – u. a. gegenüber dem Grundbuchamt und dem Handelsregister – erforderlich sein.
Einordnung der Entscheidung
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Das Kammergericht hat – wie bereits das Oberlandesgericht Hamburg in einer Entscheidung vom 05.12.2018 – erkannt, dass die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für Rechtsverkehr relevant sein kann. Damit der Nachweis über das Testamentsvollstreckerzeugnis unproblematisch und zuverlässig geführt werden kann, ist die Aufnahme der Befreiung sinnvoll. Wenn ein Erblasser seinen Testamentsvollstrecker von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, sollte daher bei der Beantragung des Testamentsvollstreckerzeugnisses explizit auch die Aufnahme dieser Befreiung beantragt werden. Sofern das zuständige Nachlassgericht dem nicht stattgibt, könnte es sich lohnen, gegen die Entscheidung vorzugehen. Die Bedeutung der Aufnahme von Beschränkungen und Befreiungen im Testamentsvollstreckerzeugnis zeigt sich auch in anderen Fällen, z. B. bei Testamentsvollstreckungen in Fällen der Vor- und Nacherbschaft. Damit hat sich das Kammergericht Anfang des Jahres in einer anderen Entscheidung auseinandergesetzt (Beschluss vom 11.01.2022 – 1 W 252/21). Im Zweifel kann es sich auch für Testamentsvollstrecker empfehlen, sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben bzw. der Klärung und Absicherung der Reichweite ihrer Befugnisse rechtlich beraten zu lassen.