Über die bemerkenswerten Fähigkeiten des Chatbots ChatGPT wird momentan viel geschrieben. Dabei gerät die urheberrechtliche Komponente etwas in Vergessenheit.
ChatGPT ist der Prototyp eines Chatbots des US-amerikanischen Unternehmens OpenAl. Der Chatbot ist in der Lage, auf kurze Anweisungen hin umfangreiche Texte zu den unterschiedlichen Themenbereichen zu erstellen.
Diese unglaublichen Fähigkeiten von ChatGPT sorgen nicht nur im schulischen und universitären Bereich für Aufsehen und werfen die Frage auf, ob etwa Hausarbeiten überhaupt noch eine taugliche Prüfungsart darstellen. Auch im beruflichen Alltag scheinen die Möglichkeiten des Chatbots sehr verlockend, ließe sich doch der Aufwand für so manche Ausarbeitung durch Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) erheblich reduzieren.
Doch Vorsicht! Die Fähigkeiten von ChatGPT sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei seinem Einsatz im Wesentlichen zwei urheberrechtliche Fragen zu klären gilt: Wem „gehören“ die von ChatGPT geschaffenen Texte? Und können die von ChatGPT geschaffenen Texte gefahrlos genutzt werden?
Zunächst fragt sich, ob die von der KI geschaffenen Texte urheberrechtlichen Schutz genießen. Da das (harmonisierte) deutsche Urheberrecht eine persönliche geistige Schöpfung voraussetzt, sind im Grundsatz nur von Menschen geschaffene Werke schutzfähig. Folglich kann sich ein von ChatGPT geschaffener Text nicht auf Urheberrechtsschutz berufen. Da OpenAI lediglich eine Software zur Verfügung stellt, liegen auch bei diesem Unternehmen grundsätzlich keine Urheberrechte. Der Nutzer des Chatbots ist durch die Eingabe seiner Frage oder Anweisung zwar unmittelbar an der Erstellung des Werks beteiligt; allerdings ist die darauf aufbauende Arbeit von ChatGPT so komplex und praktisch weder durchschaubar noch nachvollziehbar, dass ein menschlicher Schöpfungsakt des Nutzers i.S.d. Urheberrechts in Gestalt der Eingabe eher zu verneinen ist. Anders sieht es nur dann aus, wenn der vom Chatbot generierte Text durch den Nutzer nicht nur ganz unwesentlich überarbeitet wird. Dabei gilt, dass der Ausgangstext nicht mehr erkennbar sein darf. In diesem Fall dürfte der Beitrag von ChatGPT lediglich als technische Unterstützungsleistung einzuordnen sein.
Zur zweiten Frage: Die Annahme, dass von ChatGPT geschaffene und anschließend persönlich überarbeitete Texte frei genutzt werden können, wäre dennoch vorschnell. Das Unternehmen OpenAl gibt zwar an, dass von der KI nur frei zugängliche Informationen genutzt werden oder sie unter einer Lizenz stehen, die eine Nutzung zu Trainingszwecken erlauben. Gleichwohl ist für den Nutzer nicht verlässlich erkennbar, ob das tatsächlich der Fall ist oder ob von der KI nicht doch urheberrechtlich geschützte Inhalte als Quellen genutzt wurden. Dieser urheberrechtliche Schutz der Quellen kann trotz Veränderungen des Textes durch den Nutzer fortbestehen. Damit keine juristischen Konsequenzen, wie Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche drohen, ist eine erhebliche Überarbeitung von Texten notwendig, die eine eigene Schöpfungshöhe im Sinne des Urheberrechts erreichen muss. Und selbst dann sollten die von ChatGPT ausgewerteten Quellen überprüft und kenntlich gemacht werden, um sich keinen Plagiatsvorwürfen auszusetzen.
Praxistipp
Die Fähigkeiten von ChatGPT sind sehr verlockend. Vor seinem unbedarften Einsatz außerhalb des rein privaten Bereichs kann in Anbetracht urheberrechtlicher Risiken jedoch nur gewarnt werden. Außerdem sollten bereits bei der Eingabe von Anweisungen für den Chatbot keinesfalls personenbezogene Daten, Geschäftsgeheimnisse oder urheberrechtlich geschützte Inhalte genutzt werden.
Mitarbeit: Hannah Groher