Laut statistischem Bundesamt leben derzeit rund 35 Millionen Haustiere in deutschen Haushalten – Tendenz steigend. So verwundert es nicht, dass immer häufiger Haustiere ihre Bezugsperson überleben und damit zum Gegenstand erbrechtlicher und erbschaftsteuerlicher Betrachtungen werden. Naheliegend ist der Wille des Halters, das Tier auch nach seinem Tode gut versorgt zu wissen. Häufig werden aus diesem Grund in letztwilligen Verfügungen sog. Tierpflegeauflagen vorgesehen. Dass die konkrete Ausgestaltung einer solchen Auflage jedoch zur erbschaftsteuerlichen Falle werden kann, ist häufig nicht präsent. Der Beitrag soll hier Licht ins Dunkel bringen und auf die Notwendigkeit einer präzisen rechtlichen Beratung hinweisen.
Ausgangspunkt: Die Behandlung von Tieren im Nachlass
Wenn Tiere ihren Halter überleben, werden sie Teil des Nachlasses. Zwar sind Tiere keine Sachen, sie werden jedoch nach dem Gesetz vermögensrechtlich wie Sachen behandelt, § 90a BGB. Damit geht das Eigentum an den Tieren des Erblassers im Todesfall auf die Erben über. Kommt es zu einer Erbengemeinschaft besteht die Gefahr, dass das Tier einer streitigen Auseinandersetzung zwischen den Erben unterworfen wird, was in der Regel nicht dem Wohl des Tieres entsprechen wird. Anders als beispielsweise teilweise in den USA ist es in Deutschland nicht möglich, sein Haustier selbst als Erbe einzusetzen oder dem Tier ein Vermächtnis zuzuwenden. Aus diesem Grund ist es notwendig, auf anderem Wege eine Versorgung des Tieres nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen sicherzustellen.
Naheliegend erscheint es daher, das Tier im Wege eines Vermächtnisses einer bestimmten Person zuzuweisen, die sich zur Übernahme der Pflege und Versorgung des Tieres im Vorfeld bereit erklärt hat. Gleichzeitig soll diese Person häufig auch eine finanzielle Kompensation für die mit der Tierpflege zusammenhängenden Aufwendungen erhalten, sodass das Vermächtnis regelmäßig nicht nur das Tier selbst, sondern auch einen bestimmten Geldbetrag umfassen soll.
Ausgestaltungsmöglichkeiten der Tierpflege
Allein das Zuwenden eines Haustieres im Vermächtniswege stellt noch nicht sicher, dass das Tier auch nach den Vorstellungen des Erblassers versorgt wird. Zwar ist jeder Tierhalter schon aus tierschutzrechtlichen Gründen dazu verpflichtet, ein ihm gehörendes Tier angemessen zu pflegen. Möglicherweise begehrt der Erblasser jedoch eine darüberhinausgehende Versorgung des Tieres, z.B. die Unterbringung eines Pferdes in einem besonderen Stall.
Um dies zu erreichen, kann der Erblasser in seinem Testament zum einen eine Bitte gegenüber dem Vermächtnisnehmer formulieren, sich in einer bestimmten Weise um das Tier zu kümmern. Zum anderen kann er auch die Tierpflege und -versorgung als sog. Auflage ausgestalten. Während es sich bei einer Bitte letztlich um etwas rechtlich nicht Verbindliches handelt, stellt die Auflage i.S.d. § 1940 BGB eine echte rechtliche Verpflichtung dar. Das größere Gewicht wird der Tierpflege also mit einer Auflage zugewiesen. Dass die Art der Ausgestaltung der Tierpflegeanweisung jedoch erhebliche steuerliche Auswirkungen haben kann, wird nicht in jedem Fall berücksichtigt.
Erbschaftsteuerliche Unterschiede
Ein Vermächtnis ist als Erwerb von Todes wegen erbschaftsteuerpflichtig, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 ErbStG. Das bedeutet, dass der Wert der zugewandten Tiere sowie der Wert des zur Pflege und Versorgung überlassenen Geldbetrages durch denjenigen versteuert werden müssen, dem das Vermächtnis zugutekommt, der sich also um das Tier kümmert. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Tierpflege nur als unverbindliche Bitte ausgestaltet ist.
Ist die Tierpflege hingegen als echte Auflage im Rechtssinne ausgestaltet ergibt sich Folgendes: Auch dann ist grundsätzlich der Wert des Vermächtnisses der Besteuerung zuzuführen, allerdings ist der Wert der Tierpflegeauflage, solange kein Ausnahmefall vorliegt, als Nachlassverbindlichkeit von dem Vermächtniswert abzuziehen, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG. Der Wert der Auflage ist anhand der kapitalisierten monatlichen Kosten gemessen an der voraussichtlichen Lebenserwartung des Tieres zu bestimmen. Dies führt nun jedoch nur auf den ersten Blick zu einem Vorteil, denn auch die Auflage selbst ist einer Besteuerung zuzuführen. Üblicherweise muss den Wert einer Auflage derjenige versteuern, dem die Auflage zugutekommt. Da dies bei Tieren aber nicht möglich ist, ordnet der Gesetzgeber in § 8 ErbStG an, dass die Auflage als sog. Zweckzuwendung bereits beim ursprünglichen Erwerber zu versteuern ist. Im Fall eines mit einer Tierpflegeauflage belasteten Vermächtnisses ist damit auch der Wert der Auflage als Zweckzuwendung separat neben dem Vermächtnis zu besteuern.
Es liegen zwei separate steuerpflichtige Vorgänge vor: das Vermächtnis und die sog. Zweckzuwendung. Für beide Vorgänge besteht ein selbständiger Freibetrag, der bei einer Zweckzuwendung bei EUR 20.000 liegt. Zum Knackpunkt kann jedoch werden, dass die Besteuerung der Zweckzuwendung pauschal, ungeachtet der Person des Steuerpflichtigen, der Steuerklasse III unterfällt und damit mit 30% zu besteuern ist. Bei einem Vermächtnis richtet sich die Steuerklasse hingegen wie üblich nach der Person des Bedachten.
Die Auswirkungen dieser unterschiedlichen Behandlung verdeutlicht folgendes
Beispiel:
Die 90-jährige A möchte ihr Testament gestalten. Ihr gehören derzeit zwei Jungpferde mit einer Lebenserwartung von je 25 Jahren. Um eine Versorgung nach den Vorstellungen der A zu gewährleisten, werden Kosten von ca. EUR 15.000 pro Jahr und Pferd, mithin EUR 30.000 für beide Pferde anfallen. Hochgerechnet auf 25 Jahre entstünden damit Kosten von EUR 750.000. Die Betreuung der Pferde soll entweder ihre Tochter T oder ihr Bekannter B übernehmen. A möchte demjenigen, der sich um die Pferde kümmert einen Betrag von EUR 1.000.000 im Vermächtniswege zuwenden. Es ist davon auszugehen, dass sowohl T als auch B jeweils die vollen Freibeträge ausschöpfen können.
Variante 1: Die Tierpflege wird nur als unverbindliche Bitte ausgestaltet.
Wenn das Vermächtnis an Tochter T fällt, ist grundsätzlich der gesamte Betrag, abzüglich des Freibetrages von EUR 400.000 zu versteuern, mithin EUR 600.000. Hierauf entfällt ein Steuersatz von 15 %, mithin fällt eine Steuer von EUR 90.000 an.
Wenn das Vermächtnis an den Bekannten B fällt, kann dieser einen Freibetrag von EUR 20.000 abziehen und muss die verbleibenden EUR 980.000 mit 30% versteuern, mithin fallen EUR 294.000 Steuern an.
Variante 2: Die Tierpflege wird als echte Auflage ausgestaltet.
Wenn das Vermächtnis an Tochter T fällt, ist von dem Vermächtnis zunächst der Wert der Zweckzuwendung abzuziehen, vorliegend verbleiben EUR 250.000 (EUR 1.000.000 ./. EUR 750.000). Hiervon ist sodann der Freibetrag in Abzug zu bringen, sodass in vorliegendem Beispiel das Vermächtnis selbst nicht der Besteuerung zuzuführen ist. Allerdings ist der gerade abgezogene Wert der Auflage separat als Zweckzuwendung zu versteuern, und zwar in Steuerklasse III. Von den EUR 750.000 werden folglich EUR 20.000 als Freibetrag abgezogen und auf die verbleibenden EUR 730.000 fallen 30% Erbschaftsteuer an, mithin EUR 219.000.
Wenn das Vermächtnis dem Bekannten B anfällt, ist ebenfalls zwischen dem Vermächtnisbestandteil und der Zweckzuwendung zu unterscheiden. Von dem Vermächtnisbestandteil (EUR 250.000) kann der B EUR 20.000 als Freibetrag abziehen und muss den Rest mit 30 % versteuern, mithin fallen hierfür EUR 69.000 Steuern an. Der Zweckzuwendungsteil (EUR 750.000) ist ebenfalls mit 30 % zu versteuern, allerdings sind auch hier EUR 20.000 als Freibetrag abzuziehen. Es ergibt sich hierfür eine Steuerlast von EUR 219.000, insgesamt sind damit EUR 288.000 zu zahlen.
Zusammenfassung
Die Beispielsberechnung zeigt erhebliche Unterschiede auf: Während bei einer Person der Steuerklasse I die Ausgestaltung als echte Auflage einen gravierenden Nachteil bedeuten kann, ergeben sich bei einer Person aus Steuerklasse III sogar leichte Vorteile durch die doppelten Freibeträge. Bei Personen der Steuerklasse I (und i.d.R. auch der Steuerklasse II) kann damit der Wille des Erblassers, die Tierpflege besonders rechtssicher und bindend auszugestalten, zu einer erheblichen wirtschaftlichen Benachteiligung führen – ein auf den ersten Blick paradoxes Ergebnis, das bei der Gestaltung des Testamentes genau berücksichtigt werden muss.